„Bei Sang und Rebenblut ist’s auch in der Hölle gut“ – Die Weinwirtschaft „Zur Hölle“

Zwei blutrote Teufel tanzen im Dunkel der Nacht vor einem hell erleuchten Haus. Einer der Teufel streckt eine Karaffe zu prächtigen Traubenreben empor. Der andere trägt einen in weiß gekleideten Affen mit Hut und von Alkohol rot beschwipster Nase auf seinen Schultern in die Nacht davon. Betitelt ist die Szene mit dem reißerischen Werbespruch:

„Bei Sang und Rebenblut ist’s auch in der Hölle gut.

Auch Speisen gibt es, nicht zu teuer, gemacht auf echtem Fegefeuer.“

Postkarte um 1917. (StadtAN A 34 Nr. A34-0612)

Die obige Beschreibung entstammt einer Postkarte aus dem Jahr 1917 von der Weinwirtschaft „Zur Hölle“ die Zwischen den Fleischbänken 16 zu finden war. Die Inhaber der Lokalität waren der Nürnberger Jakob Sperber und seine Frau Luise, geb. Wentz.

Das Stadtarchiv Nürnberg hielt diese und andere Bildpost- und Ansichtsmedien 1992 aus der Sammlung des verstorbenen Wilhelm Quast. Der Ankauf der qualitativ und quantitativ reichhaltigen Quast’schen Sammlung bildete den Beginn des Bestand A 34 - Postkartensammlung Wilhelm Quast. Die ab den 1870er Jahren verstärkt aufkommenden Medien im handlichen Kartenformat wurden in vielerlei Facetten verwendet: Künstlerische Darstellungen, Abbildungen von bekannten Objekten, aber auch Karten für Werbezwecke oder als Propagandamedium finden sich Karten in der Quast‘schen Sammlung wieder.

Die Eheleute Sperber nutzten die eingangs beschriebene Postkarte um ihre Wirtschaft in der Zeit des Ersten Weltkrieges zu bewerben. Bereits zum 1. November 1904 hatten die Wirtsleute das Gebäude von einem Herrn Zwick erworben und ihr Gewerbe bei der Stadt angemeldet.[1] Sie konnten auf eine vorhandene Infrastruktur vor Ort zurückgreifen, da bereits in den Jahren zuvor eine Wirtschaft in dem Gebäude untergebracht war. So sind bereits 1868 der Bierwirt Ulrich Gulden und zwischen 1882 und 1893 ein Gastwirt Loy im Gebäude belegt.[2]

Auch Jakob Sperber war kein Neuling in der Gastronomie. Zwischen Juli und Oktober 1902 betrieb er in der Brunnengasse 43 eine Wirtschaft. Zum 1. Oktober 1902 wechselte Sperber dann in die Adlerstr. 38, wo er die Gaststätte nach dem Tod von Leonhard Utzelmann übernahm.[3] Im sogenannten „Esterhazykeller“ (1880-1891) hatte Sperber die Idee eines italienischen Weinkellers in der Praxis erleben können.

Vorderansicht auf die Weinwirtschaft, ca. um 1936, Fotograf Hermann Weber.
(StadtAN A 57 Nr. L-010-40)

Mit dem Erwerb des Gebäudes Nr. 16 Zwischen den Fleischbänken durch die Sperbers begannen noch im gleichen Monat umfangreiche Renovierungs- und Ausbauarbeiten, wie die Ausbesserung des Kamins.[4] Einzelheiten über den Schankbetrieb und die Zwischenzeit liegen nicht vor. Erst 1929 ist wieder belegt, dass nach dem Tod von Jakob Sperber seine Witwe im Juni ihren Mann beerbte. In Folge dessen nahm für Luise die Schwierigkeiten zu. In den Jahren 1935 und 1936 nahm sie zwei Hypotheken auf, um den Ausbau des Gebäudes voranzutreiben. In einem Schreiben vom 24. Oktober 1936 beschreibt Luise in einem Gesuch um Plangenehmigung an die Stadt die Beschaffenheit der Wirtschaft:

„Der Hauptbetriebszeit der Weinstube wird fast während des ganzen Jahres im I. Obergeschoss ausgeübt. Es ist daher wünschenswert, dass die männliche Kundschaft, welche den grösseren Teil der Gäste ausmacht, nach wie vor das im Erdgeschoss befindliche Closett und Pissoir benützt;“[5]

Lageplan Zwischen den Fleischbänken, "Zur Hölle" mit der Flurnr. 46 (rot markiert).
(StadtAN C 7/VIII Nr. 11875, fol. 67)

In Folge des zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude 1943 oder 1945 im Zuge der schweren Luftangriffe auf Nürnberg zerstört. Ein Wiederaufbau des Grundstückes kam für das damalige Grundstücksamt nicht in Frage, da im Zuge des Wiederaufbaus der Stadt ein Teil der Grundstücksfläche zum Ausbau der Verkehrsstraßen vorgesehen war.[6] Die inzwischen ca. 75 Jahre alte Luise war 1951 zudem gezwungen, „auf eine Verwertung des Grundstücks zu dringen, da sie nicht mehr in der Lage ist, die auf dem Grundstück liegende Lasten, hauptsächlich Bankzinsen, aufzubringen.“ Für einen Kaufpreis von 2.300 Mark ging das 50qm große Grundstück an die Stadt über. Die ehemalige Eigentümerin hatte über ihren Anwalt Friedrich Knisper zudem aushandeln können, dass sie zusätzlich zum Kaufpreis eine anschließende Unterbringung in einem Altenheim in der Regensburger Str. 44 untergebracht wurde.[7] Damit erloschen in der „Hölle“ endgültig die Lichter.

Haben Sie Hinweise „Zur Hölle“ oder kennen Sie jemanden, der selbst die Weinwirtschaft „Zur Hölle“ besucht hat? Dann kommen Sie gerne auf uns zu. Wir sind dankbar über weitere Hinweise und Geschichten: Kontaktformular


[1] StadtAN C 22/II Nr. 38/4548.

[2] StadtAN C 7/I Nr. 3053, Bl. 15, sowie StAN C20/V Nr. 2780.

[3] StadtAN C 22/II Nr. 36/4517 (1902), sowie Nr. 36/3136 (1902) und StadtAN KSt. Nürnberg-Lorenz Nr. 14/1, S. 2774 1/4.

[4] StadtAN C20/V Nr. 2780, Renovierungsarbeiten und Ausbauten vom 23. November 1904, unfol.

[5] StadtAN C20/V Nr. 2780, Gesuch um Plangenehmigung von Luise Sperber, Schreiben vom 24. Oktober 1936, unfol. r/v.

[6] StadtAN C7/VIII Nr. 11875, Städtisches Grundstücksamt, Schreiben vom 2. November 1951.

[7] Ebd., fol. 24 und 27.

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