Die Stadtbildfotografie des Nürnberger Stadtarchivs zu Besuch beim Bildhauer Luis Rauschhuber

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an die Aufgaben eines Archivs denken? Vermutlich die Aufbewahrung alter (verstaubter) Unterlagen, vielleicht ihre Bereitstellung im Lesesaal oder die Beratung von Archivnutzern? Anders als möglicherweise erwartet, befasst sich das Stadtarchiv Nürnberg aber keineswegs nur mit Vergangenem. Zu den weniger bekannten, aber dennoch zentralen Aufgaben des Stadtarchivs Nürnberg zählt die Dokumentation der Stadtgeschichte, wofür beispielsweise das Nürnberger Tagesgeschehen und aktuelle Ereignisse in der Stadtchronik beziehungsweise der Zeitgeschichtlichen Sammlung festgehalten werden.

Zu diesem Aufgabenbereich zählt auch die Stadtbildfotografie. Bereits ab ca. 1900 hatte das städtische Hochbauamt systematisch die Bausubstanz Nürnbergs fotografiert, mit der Angliederung der Bildstelle des Hochbauamts an das Stadtarchiv Nürnberg im Jahr 1993 fiel diese Aufgabe an das Stadtarchiv.

Anlässlich des 50. Todestags des Bildhauers Luis Rauschhuber (1904 – 1973), der den Großteil seines Lebens in Nürnberg lebte und wirkte, lud dessen Tochter Monika Nagel das Stadtarchiv in das Haus ihres Vaters ein. Vermittelt hatte den Besuch die Stadtheimatpflegerin Dr. Claudia Maué, die durch Ihre Hinweise auf interessante Baudenkmale die Stadtbildfotografie des Archivs aktiv unterstützt. Ende April besuchten zwei Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs das Wohnhaus und Atelier Rauschhubers in Ziegelstein. Vor allem durch die sachkundige Hausführung der Tochter, die mit vielen Geschichten aus dem Leben und künstlerischen Wirken ihres Vaters aufwarten konnte, gelang eine detaillierte bildliche Dokumentation des Atelierhauses.

Das Künstlerhaus in Ziegelstein, fotografiert von Marta Beck (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 6008)

Büste Monika Nagels, geschaffen von Ihrem Vater Luis Rauschhuber, fotografiert von Marta Beck (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 5993)
Im Garten Luis Rauschhubers, fotografiert von Marta Beck (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 6019)
Das Wohnzimmer mit Werken Luis Rauschhubers, fotografiert von Marta Beck (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 6037)
Rauschhubers Atelier, fotografiert von Marta Beck (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 6031)

Zur Biographie Luis Rauschhubers:

Luis Rauschuber wurde am 31. Mai 1904 in München geboren. Nach dem frühen Tod seiner Mutter wurde er mit nur zwei Jahren zum Vollwaisen. Seine Kindheit verbrachte er bei seinen Großeltern in Niederndorf am Inn. Nach deren Tod kam er 1924 nach Nürnberg, wo er eine Lehre als Steinmetz begann und Abendkurse an der Nürnberger Kunstgewerbeschule (Staatsschule für angewandte Kunst) belegte. Aufgrund seiner Begabung wurde er 1926 in diese Schule aufgenommen, wo er mehrere Preise und Auszeichnungen gewann. 1930 bis 1933 studierte er im Rahmen eines Stipendiums an der Akademie der Bildenden Künste in München. 1933 nach Nürnberg zurückgekehrt verdingte er sich als freier Bildhauer. Bereits während der 1930er Jahren galt er als aufstrebender Künstler, erhielt einige Aufträge und konnte seine Werke in zahlreichen Ausstellungen präsentieren. .

Luis Rauschhuber bei der Arbeit, ca. 1966 (Stadtarchiv Nürnberg uvz.)

1942 und 1944 zerstörten Bombenangriffe sein Atelier und viele seiner Werke, worauf er in Würzburg bei seiner Freundin Gertrud Meixner unterkam, die er 1944 heiratete. Mit ihr kehrte Rauschhuber 1947 nach Nürnberg zurück. 1952 bezog er mit seiner Familie das Haus in Ziegelstein. Neben seinen religiösen Plastiken, die zahlreiche Kirchenbauten schmücken, erhielt der tief religiöse Rauschhuber zunehmend Aufträge für die Gestaltung öffentlicher Räume. Wiederkehrendes Motiv seiner Kunst waren Madonnen- und Mutterdarstellungen, Merkmal seiner künstlerischen Handschrift die blockhafte Gestaltung menschlicher Figuren. Am 7. Mai 1973 starb Luis Rauschhuber in Nürnberg

Der leidende Mensch von Luis Rauschhuber am Klinikum Nord (Stadtarchiv Nürnberg A 96 Nr. 689)

Literaturhinweise und Informationen:

Regina Stopper: Luis Rauschhuber 1904 – 1973, Nürnberg 2003.

Andrea Dippel, Alexander Steinmüller: Luis Rauschhuber. Bildnisbüsten für das Regime, in: Andrea Dippel (Hg.): Grauzonen. Nünberger Künstler/innen im Nationalsozialismus, Wien 2022, S. 258-267.

Rauschhuber: Startseite (luis-rauschhuber.de)

2 Kommentare

  1. Monika Nagel 18 Mai, 2023 at 02:30 Antworten

    meine (Monika Nagel) Stellungnahme zu diesem schönen Beitrag, einige kl. Berichtigungen möchte ich beitragen:

    zur Biografie Luis Rauschhubers:
    …. “Mit dem frühen Tod seiner Mutter, er war zu dieser Zeit noch kein 1/2 Jahr alt, (nicht 2 Jahre wie angegeben) wurde er zum Vollweisen und wuchs bei den Großeltern auf dem Lande auf, unter sehr ärmlichen Bedingungen. – Nach deren Tod, mit 16 Jahren stand er ganz allein, verdiente er das ihm nötige Geld als Hilfsarbeiter und Bürogehilfe beim Bau des Inn-Kanals. – Er war vereinsamt, galt als Sonderling ganz ohne Perspektive, als er 1924 eine Einladung zum Weihnachtsfest erhielt, nach Nürnberg sollte er kommen zu seiner Tante und zu deren Sohn. Glücklich nahm er die Einladung an, und er durfte bleiben. Umgehend suchte er nach einer Lehrstelle, denn für ihn stand fest: Bildhauer wollte er werden! In Abendkursen für Aktzeichnen erkannte der Lehrer sein Talent und es folgte die Aufnahme in die “Schule für angewandte Kunst”. Auf Grund hoher Begabung und großen Fleißes fand er 1930 Aufnahme in der Kunstakademie München und erhielt auch ein Stipendium, welches ihm nach wenigen Semestern unerwartet wieder gestrichen wurde. Dieses zwang ihn nach Nürnberg zurückzukehren, erneut bei der Tante einzuziehen und sich unter schwierigen Umständen eine Existenzmöglichkeit zu schaffen… Er arbeitete fortan als freischaffender Bildhauer in Nürnberg und vorwiegend die Portrait-Aufträge hielten ihn über Wasser. Schon in München während des Studiums hatte er sich als Portraitist einen guten Ruf erworben. Diese Sparte ermöglichte es ihm, die typische Nazikunst zu umgehen, die ihm verhasst war. Es wurde ihm dennoch erlaubt an Ausstellungen teilzunehmen und in gebildeten Kreisen galt er als vielversprechendes Nachwuchstalent. Ohne sich näher um die Politik und um das “außen” zu kümmern war er nur in seine Arbeit und in die Kunst im allgemeinen vertieft…
    Nach der Zerstörung von Atelier und Wohnung ging es auch ihm sehr schlecht, er nächtigte wechselnd bei Freunden, fror, war abgemagert und lebte am äußersten Limit als seine Freundin Gertrud Meixner ihn zu sich nach Würzburg holte, wo er in ihrer Familie Aufnahme fand. Noch im Krieg heirateten sie und kehrten 1947 zusammen nach Nürnberg zurück, wo sie sehr beengt in Untermiete wohnten. Luis Rauschhuber fand über lange Zeit keinen Raum zum arbeiten was ihn fast verzweifeln ließ, denn er bekam Aufträge, meist für Kirchen! Er war beteiligt auch an Fragen des Wiederaufbaues der Stadt, war befreundet mit bekannten Architekten und anderen Nürnberger Künstlern. 1952 dann konnte er sich das Atelierhaus in Ziegelstein errichten, viel Eigenleistung floss ein, und finanzielle Hilfe kam letztlich seitens der Familie seiner Ehefrau Gertrud. Hier lebte er mit der Familie und hier arbeitete er in Begeisterung, unermüdlich und rastlos bis zu seinem Tod.

    Seine Werke zeichnen sich aus durch ein starkes Innenleben, sensibel und kraftvoll im Ausdruck, in der Aussage sowie klar in der Form. Religiöse Themen ganz besonders, Menschen die musizieren, Mutter/Kind Darstellungen, Madonnen, oder Pieta, Engel… , solche Themen lösten nach dem Krieg das “Portrait” weitgehend ab. Auch öffentliche Aufträge blieben nicht aus. Die 60/70er Jahre brachten große Veränderungen in der modernen Kunst, neue Sichtweisen – doch dies berührte ihn wenig, er blieb seinem eigenen Stil und seinen Vorstellungen von guter Kunst treu. So wurde es still um ihn – er galt als nicht mehr zeitgemäß und er litt darunter. 1972 musste er erleben, dass seine Werke, ausgestellt im Peller-Schloss zu Fischbach, eine vernichtende Zeitungskritik erhielten, das nahm ihm viel Kraft… . Am 7. Mai 1973 verstarb Luis Rauschhuber im Alter von knapp 73 Jahren in Nürnberg.
    ——————————————————————————————————————————
    (ich hatte vor nur ein paar kleine Berichtigungen zu nennen, jetzt ist der ganze Text neu geschrieben – sorry!)

    im weiteren:
    Das Bild “Leidender Mensch” könnte besser sein. Ich habe bei mir hier bessere Fotos. Diese Arbeit steht momentan ungünstig, auch das Alu-Schild ist hässlich. das Töpfchen zwischen den Füßen wirkt schlampig, das Unkraut wuchert um die Figur, das Gebäude im Hintergrund ist hässlich – das alles schmerzt… Mein Wunsch, diese Arbeit möge bald versetzt werden , findet wenig Gehör…. Wäre es möglich dieses Bild noch auszutauschen?

    weiteres:
    Es ist hingewiesen auf den Artikel von Frau Dr. Dippel im Katalog zur Ausstellung “Grauzone”. Gern hätte ich dann an dieser Stelle auch meinen Gegenartikel genannt und platziert, meine Stellungnahme dazu…. Ist das möglich?
    Ich denke, das würde Frau Dr. Dippel nicht sehr gerne sehen, aber es wäre fair…

    Ansonsten finde ich alles sehr schön!
    Gern würde ich mich auch telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen.
    Meine Nr.: [Nr. aus Datenschutzgründen entfernt, Blog-Admin] oder mobil: [Nr. aus Datenschutzgründen entfernt, Blog-Admin]
    Mit bestem Gruß

    Monika Nagel (geb. Rauschhuber)

Kommentieren