Gastbeitrag von Laura Kubitzek
Als Olaf Metzel 2006 im Rahmen des vom DFB gesponsterten WM-Kulturprojektes „Das große Rasenstück“ eine 17 Meter hohe Installation mit dem Titel „Auf Wiedersehen“ auf dem Hauptmarkt realisierte, erntete er dafür – schon im Vorfeld – massive Kritik.
Anlass der Kritik war nicht der prominente Platz des Hauptmarktes an sich, sondern die Tatsache, dass das Werk aus 780 Stadionsitzen den Schönen Brunnen – eins der Nürnberger Wahrzeichen und stark frequentierte Touristinnenattraktion – ummantelte. Dass Metzels Skulptur den Passantinnen den Blick auf den Schönen Brunnen dabei nur acht Wochen lang verdeckte, schien die Wut auf das Werk, den Künstler und die Kulturreferentin Julia Lehner nicht zu mindern.
„Auf Wiedersehen“ war eine sich in die Höhe windende Plastik, die im unteren Bereich aus „Treppenelemente[n] [und] massiven Betonklötze[n]“ (Süddeutsche Zeitung am 11.05.2010) bestehen und nach oben hin – durch die Anordnung der Sitze – den goldenen Brunnen als Kernstück der Installation durchscheinen lassen sollte. In ihrer endgültigen Form wurde die Plastik im unteren Bereich der Sehenswürdigkeit dann sogar noch offener umgesetzt und gewährte dort eine bessere Sichtbarkeit des Brunnens als ursprünglich geplant. Es war den Besucherinnen außerdem möglich, trotz der Installation weiterhin am Ring zu drehen.
Der Titel von Metzels Arbeit spielt zum einen auf die Fangesänge während Fußballspielen an – die wiederum in Verbindung zu den Stadionsitzen stehen –, kann aber auch als Bezug zur temporären Verhüllung des Schönen Brunnens gesehen werden. Auf ein Wiedersehen mit der geliebten Sehenswürdigkeit, die acht Wochen lang nicht in ihrer gewohnten Form sichtbar war. Die sich dem Blick entzog, sodass bei den Anwohnerinnen und Touristinnen Sehnsucht im wörtlichen Sinne hervorgerufen wurde.
Nach eigener Aussage hatte Metzel durchaus mit kritischen Reaktionen seitens der Bevölkerung gerechnet – immerhin ging es bei seiner Arbeit unter anderem dadurch, die „Vermüllung der Städte“ (Süddeutsche Zeitung am 11.05.2010) zu inszenieren –, das tatsächliche Verhalten der Kritiker überraschte ihn anscheinend dennoch. Er hatte immerhin erwartet, dass „wir […] in Deutschland ein bisschen toleranter geworden [sind], souveräner. Alle. Jeder. Aber dem ist nicht so. Das ist auch kein spezifisch Nürnberger Phänomen.“ (Süddeutsche Zeitung am 11.05.2010)
Natürlich gab es auch positive Stimmen zu Metzels Arbeit, die genau diesen Akt der Verhüllung lobten. So wurde es begrüßt, dass zeitweise ein neues Bild auf dem Hauptmarkt geschaffen wurde – eine neue Kulisse. Und auch der historische Bezug, der durch den Transfer von Stühlen aus dem 1936 erbauten Olympiastadion in die ehemalige Stadt der Reichsparteitage hergestellt wurde, fand durchaus auch Anklang beim Publikum.
Die kritischen – nicht selten pöbelnden – Stimmen waren jedoch immens und manifestierten sich sogar an der Installation selbst: empörte Nürnbergerinnen und verärgerte Touristinnen machten ihrer Wut und Enttäuschung Luft, indem sie diese auf Plakate und Zettel bannten und am Gerüst der Plastik anbrachten. Dabei wurde kaum etwas ausgelassen: Von Alternativvorschlägen bis hin zu üblen Beschimpfungen des Künstlers und seines Schaffens, sowie der Nürnberger Regierung und besonders auch der Kulturreferentin war dort alles zu finden.
Glücklicherweise wurden diese Schriftstücke nach dem Ende der Installation nicht entsorgt, sondern von der Stadtverwaltung sorgfältig abgenommen und durch das städtische Hochbauamt als amtliche Abgabe an das Stadtarchiv übergeben. Aus aktuellem Anlass der Olaf Metzel-Ausstellung im Neuen Museum (13.11.2015 – 14.02.2016) wurden die Plakate erneut gesichtet und digitalisiert – ausgewählte Exemplare finden sich im Artikel.