Jüdische Displaced Persons Gemeinde - Die Stadt Pegnitz erlebt eine "Rückkehr" nach mehr als 70 Jahren

Am 22. März 2023 besuchte Wolf Werdigier Pegnitz. Der in Wien lebende Künstler wurde 1946 in Pegnitz als Sohn des Juden Moritz Werdigier und dessen zweiter Frau Edith geboren. Sein Vater, ein ehemaliger KZ-Häftling, führte hier von 1945 bis 1949 treuhänderisch die Dachziegel- und Zementwarenfabrik Pegnitz, bevor die Familie nach Wien übersiedelte. Im Rahmen der Ausstellung Vorübergehende Heimat Pegnitz – die jüdische DP-Gemeinde in der Stadt von 1945 bis 1950, die im Februar und März im Foyer des Landratsamts Bayreuth zu sehen war, fand ein öffentliches Zeitzeugengespräch mit Wolf Werdigier statt.

Wolf Werdigier berichtete den Besuchern von seinen Erinnerungen und denen, die ihm seine Eltern "mitgegeben hatten". Diese waren durchaus positiv und gewährten Einblicke in seine Familiengeschichte. Für die in Pegnitz lebenden Displaced Persons war die direkte Nachkriegszeit eine „schöne Zeit“, geprägt von einer positiven Aufbruchstimmung auf der Suche nach neuen Lebensperspektiven. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass die Eltern von Wolf Werdigier zur Pegnitzer Bäckerfamilie Pflaum losen Kontakt hielten. In Wien gelang es den Eltern dann, allerdings erst nach einigen Jahren der Armut, nachdem sie eine Entschädigungszahlung durch die Bundesrepublik Deutschland für Opfer des Nationalsozialismus erhalten hatten, einen kleinen Juwelierbetrieb aufzubauen.

Der Vater von Wolf, Moritz Werdigier, wurde am 4. März 1908 in Sosnowitz, Woiwodschaft Schlesien in Polen, geboren - er überlebte den Holocaust im KZ Auschwitz und KZ Ebensee (Außenlager des KZ's Mauthausen) und wohnte von 1945-49 in Pegnitz (Bahnhofstrasse 15 und 3 sowie Rosengasse 1 bei der Familie Pflaum). Seine erste Frau und sein erster Sohn wurden in Auschwitz ermordet. Diesem von den Nationalsozialisten ermordeten ersten Sohn hatte Moritz Werdigier bereits den Vornamen "Wolf" gegeben, was seinen 1946 in Pegnitz geborenen Sohn Wolf Werdigier beim Besuch der Ausstellung sichtlich berührte.

Zeitungsartikel im "Nordbayerischen Kurier"

Nach 1949 lebte Moritz Werdigier mit seiner Frau Edith und seinem Sohn Wolf in Wien.

Wolf Werdigier absolvierte ein Studium der Architektur in Wien und London. Nach einem Studium der Malerei und Design bei Jaap Bakerra, Xenia Hausner, Jakob Borges und Irina Nakhova, arbeitete er für die Stadtplanung in Köln, Wien und Jerusalem - seit 1985 besitzt er ein eigenes Atelier in Wien. Gastprofessuren führten ihn ans Pratt-Institut in New York und in die Universität Stuttgart. Zu seinen Referenzen zählen Bilder-Ausstellungen in Wien, Venedig, Jerusalem, Tel Aviv und New York. Seit 2003 ist er Leiter der Internationalen Sommerakademie für Bildende Künste und Medien in Venedig mit 12 verschiedenen Meisterklassen.

Wolf Werdigier hat dem Stadtarchiv einige Bilder aus seiner Zeit in Pegnitz zur Verfügung gestellt, die ihn als "kleinen Buben" mit seinen Eltern und Freunden aus der jüdischen Gemeinde zeigen. Auf den Fotos sind Menschen zu erkennen, die sich "wohlgefühlt haben" - und das, nach all den Jahren der Verfolgung und des Grauens.

Wolf Werdigier mit Eltern und Freunden aus der jüdischen Gemeinde in Pegnitz

Die Ausstellung "Vorübergehende Heimat Pegnitz: die jüdische DP-Gemeinde in der Stadt 1945-50" war im Sommer 2022 im Bürgerzentrum Pegnitz zu sehen und in diesem Jahr vom 6. Februar bis 31. März 2023 im Landratsamt Bayreuth.

Ausstellungsplakat

Stadtarchiv Pegnitz, Andreas Bayerlein, Historiker M.A., Hauptstraße 37, 91257 Pegnitz, Telefon: 09241723-26, mailto:andreas.bayerlein@stadt-pegnitz.de

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