Digitalisierung von Zeitungsausgaben im Stadtarchiv Weissenburg
Mit der Anschaffung eines großen (DIN A 1) modernen Buchscanners, einem Bookeye 4, hat auch im kleinen Stadtarchiv Weißenburg das Zeitalter der systematischen Digitalisierung von Archivgut begonnen. Hintergrund bzw. Anlass ist der zunehmende Verfall einiger Bestandsgruppen.
Bedroht sind überraschenderweise weniger die älteren, sondern vielmehr die neueren Bestände. Das hat nichts mit den Rahmenbedingungen zu tun. Im Gegenteil kann man die Archivmagazine im „Neuen Rathaus“ (bezogen 1995) als gut bezeichnen, denn ohne das Bemühen um die Gewährleistung der für die langfristige Konservierung notwendigen konstanten Temperatur und Luftfeuchtigkeit wäre der Verfall bestimmt schon weiter fortgeschritten.
Es ist das seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert verwendete Papier, das nicht im Mindesten alterungsbeständig ist. Gerade in Krisenzeiten hat man extrem instabiles Material verwendet, aber auch die seit den letzten Jahrzehnten zeitweise aus ökologischen Gründen hochgepriesenen Umweltpapiere sind langfristig nicht haltbar. Der Papierzerfall ist vorprogrammiert und durch entsprechende Behandlung lediglich zu verzögern. Die Technik kennt inzwischen natürlich Verfahren, um die gefährlichen Inhaltsstoffe zu neutralisieren, aber die von der Industrie angebotenen Verfahren sind noch sehr kostenintensiv und außerdem nicht für alle Archivalien anwendbar.
Es gäbe natürlich auch alterungsbeständiges Papier, aber das kann aus wirtschaftlichen Gründen nicht generell eingesetzt werden – und die Entscheidung, was letztendlich durch die Übernahme ins Stadtarchiv auf Dauer aufbewahrt werden soll, trifft ohnehin nicht der Sachbearbeiter bei der Anlage eines Vorgangs, sondern erst viele Jahre später der Archivar.
Besonders extrem ist die Diskrepanz zwischen Massenproduktion und inhaltlicher Bedeutung bei Zeitungen und Zeitschriften. Wegen ihrer hohen Auflagen müssen sie möglichst wirtschaftlich produziert werden. Sie sind vordergründig auf die aktuelle, zeitnahe
Information angelegt, auf der anderen Seite aber eine wichtige und damit erhaltenswerte Quelle für die Zeitgeschichte. So sind die Ausgaben des Weißenburger Tagblatts und der anderen lokalen Verlage z. B. für Schüler oft die einzige historische Quelle, die sie im Gegensatz zu den handschriftlich – und meist auch noch in deutscher Schrift – abgefassten Akten lesen können. Mit der umfangreichen Tagesberichterstattung und dem Anzeigenteil sind sie eine ergiebige Quelle für die Lokalgeschichte.
Manche der gebunden Ausgaben im Stadtarchiv Weißenburg sind inzwischen aber in einem Zustand, dass ihre Benutzung und die damit verbundene Gefahr der mechanischen Beschädigung in absehbarer Zeit nicht mehr mit der archivischen Maxime der Erhaltung der Bestände vereinbar ist. Das heißt, sie werden für die Benutzung gesperrt werden müssen. Ein gangbarer Ausweg aus diesem Dilemma ist die Digitalisierung der Ausgaben. Damit können Interessierte nach wie vor in den Ausgaben vergangener Tage blättern, nur eben am Bildschirm – und die Originale werden geschont.
Der frühere Oberbürgermeister Reinhard Schwirzer kennt durch seine Forschungen im Stadtarchiv die Problematik gerade der Weißenburger Zeitungsüberlieferung. 2014 hat er in seiner Eigenschaft als damaliger Vorsitzender der Sparkassen-Kulturstiftung Weißenburg i. Bay. eine Spende auf den Weg gebracht, die es der Stadt Weißenburg ermöglicht hat, für ihr Stadtarchiv einen neuen Farbscanner anzuschaffen. Der von der Regensburger Firma „Bürotechnik Heindl“ mit entsprechender Software gelieferte Buchscanner ermöglicht als Aufsichtsscanner (d.h. der Zeitungsband muss nicht gedreht werden) eine für das Original relativ schonende Digitalisierung. Vorlagen bis zum Format DIN A 1 können relativ schnell und dabei qualitativ hochwertig digitalisiert werden können.
Inzwischen sind die vom Verfall am meisten gefährdeten Ausgaben des „Weißenburger Wochenblatts“ (Jahrgänge 1872-1919), der „Weißenburger Zeitung“ (Jahrgänge 1920-1938 und 1949-1950) gescannt und in Zusammenarbeit mit der städtischen EDV-Abteilung für die Benutzung aufbereitet. Das Stichjahr 1872 markiert dabei einen Formatwechsel bei gleichzeitiger Umstellung auf minderwertiges Papier.
Auch im „Weißenburger Tagblatt“ (seit 1891) hat man die Zeichen der Zeit längst erkannt und mit großem Aufwand die eigenen Ausgaben digitalisieren lassen. Ausdrucke davon sind ein beliebtes Präsent bei Familienfesten. Leider ist die Recherche im „Tagblatt“ nur eingeschränkt möglich und einige wenige Jahrgänge sind aus dem Bestand verschwunden.
Stadtarchiv Weißenburg i. Bay. - Reiner Kammerl