Gastbeitrag von Dr. Christine Sauer, Leiterin der Historisch-Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Nürnberg
Dieser Slogan findet sich in einem Faltblatt der Handballerinnen des 1. FC Nürnberg aus dem Jahr 2000. Er verweist auf die Vielfalt von Sportarten unter dem Dach des Vereins und hebt gleichzeitig die Angebote für Frauen hervor. Die Nürnberger und vor allem die Nürnbergerinnen, die die Höhenflüge der Handball-Damenmannschaft in den 1960er- und in den 2000er-Jahren miterlebt haben, bekommen noch heute leuchtende Augen über den gelungenen Anschluss an den Spitzensport – und trauern über den jähen Absturz.

Abb. 1 Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Amb. 994. 2°(5)
Geschichte des Handballs
Aus verschiedenen Wurzeln entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Handballspiel: Gegen eine 1915 für Frauen entworfene Variante ‚Torball‘ setzte sich eine 1917 für Jungen und Männer als Kampfsport entwickelte Spielart durch. Letztere wurde in den frühen 1920er-Jahren breit und schnell als Alternative zum Fußball rezipiert. Gleichzeitig galt sie als ideale Ergänzungssportart für Leichtathleten im Winter. Erste Meisterschaften fanden 1922 statt. Der nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 gegründete Deutsche Handballbund (DHB) spielt seit 1949 die Deutsche Meisterschaft für Männer und seit 1951 die für Frauen aus; dazu kommt seit 1975 der DHB-Pokal. Obwohl in Deutschland Handball bei Mädchen zu den beliebtesten Mannschaftssportarten zählt, spielt Frauenhandball im Leistungssport bis heute eine untergeordnete Rolle.
Handball in Nürnberg und beim 1. FC Nürnberg
Auch in Nürnberg fand die neue Sportart rasch Zuspruch. Erste Männermannschaften formierten sich Ende 1920. In Nürnberg trug die Turngemeinde Nürnberg (aufgegangen im Tuspo Nürnberg) zu Beginn des Jahres 1921 das erste Spiel überhaupt aus. Im Herbst 1921 beteiligte sich der 1. FC Nürnberg erstmals an Turnieren. Auf die Rolle als vor allem im Winter ausgetragene Ergänzungssportart verweist die Tatsache, dass die Handballer zunächst eine Unterabteilung der Leichtathleten beim 1. FC Nürnberg bildeten. Die Abtrennung und die Einrichtung einer Handball-Abteilung erfolgte 1926/27. Zu diesem Zeitpunkt existierten bereits sieben Männer- und Jugendmannschaften. Zu den unvergessenen Geschichten aus den Gründerjahren zählt das Einspringen des Fußballers Heiner Stuhlfauth (1896-1966) als Mittelstürmer, weil es 1922 wiederholt Probleme beim Besetzen einer Handballmannschaft gab. Die Handballer des 1. FC Nürnberg fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zusammen, spalteten sich 1995 als eigenständiger Verein ab und gingen 2009 in die Insolvenz. Danach wurde die Handball-Abteilung des 1. FC Nürnberg neu gegründet.

Abb. 2 Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Amb. 994. 2°(1), S. 136
Die Handballerinnen des 1. FC Nürnberg
Obwohl bereits bei anderen Vereinen Frauenmannschaften bestanden, ließ sich 1927 auch beim 1. FC Nürnberg „die Bewegung“ nicht mehr aufhalten: Eine Frauenelf wurde gegründet (Vereinszeitung 1927, Nr. 11). Am Sonntag, 29. April 1928 „war es endlich zur Wirklichkeit geworden, wovon junge Mädchenherzen seit Monaten träumten. Endlich ging‘s auf dem grünen Rasen gegen den Feind.“ Das Spiel wurde verloren, aber: „Den Damen sei zugerufen: Weiter so fortschreiten, sich nicht durch Niederlagen hemmen lassen, weiter so tapfer und kameradschaftlich zusammenhalten“ (Vereinszeitung 1928, Nr. 6).

Abb. 3 Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Amb. 994. 2°(1). S. 167
Zur erfolgreichsten Mannschaft und Punkstück der Abteilung wurden die Handballerinnen tatsächlich in den 1960er-Jahren. Als Höhepunkte gelten die drei Mal in Folge errungenen deutschen Meisterschaften auf dem Großfeld 1963, 1964 und 1965 sowie der „Grand Slam“ des Handballs 1968/69 mit dem Meistertitel auf dem Großfeld sowie auf dem neu eingeführten Kleinfeld und in der Halle. Das im Kern seit 1960 zusammenspielende Team bestand fast ausschließlich aus Nürnbergerinnen, die meisten von ihnen berufstätig und/ oder verheiratet und mehrfache Mütter, deren Kinder als begeisterte Zuschauer am Sportfeld standen. Auch in der Nationalmannschaft erfolgreich waren die Spielerinnen Lydia Bauer, Gerda Reitwießner (1941-2023), Elsbeth Härtle oder Irene Herchenbach. Am 1. Oktober 1972 erhielten die sogenannten „Handball-Muttis“ das Silberne Lorbeerblatt, die höchste Auszeichnung im deutschen Sport.

Abb. 4 Mannschaftsfoto 4. Deutsche Großfeld Meisterschaft 1965 (Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, zu Amb. 994. 2°)
Nach der durch Geldmangel erfolgten Ausgliederung des Handballvereins 1995 und dem Absturz der Handballerinnen wurde im Jahr 1998 unter maßgeblicher Beteiligung der ehemaligen Spielerin Gerlinde Csutak das Unternehmen Durchmarsch ausgerufen: Der als Flaggschiff des neuen Vereins gezielt geförderten Frauenmannschaft gelang zwischen 1998 und 2002 der Durchmarsch von der Landes- in die Bundesliga mit rekordverdächtigen 91 Spielen ohne Niederlage. In der Bundesliga feierten die „Handball-Ballerinas“ um Corina Christenau, Kathrin Blacha, Silvia Harlander, Agnieszka Tobiasz, Stephanie Ofenböck und Barbara Strass den Gewinn von drei Meisterschaftstitel sowie von DHB- und EHF-Pokal. Mehrmals waren die Club-Ballerinas Mannschaft des Jahres, Kathrin Blacha wurde 2004 und 2005 zweimal in Folge Handballerin des Jahres. Maßgeblich trug der „Super-Motivator“ Herbert Müller (* 1962), Trainer der Handballerinnen zwischen 1999 und 2008, zum Erfolg des handball-verrückten „Dream-Teams“ bei. Den Höhenflug beendete der permanente Geldmangel, der 2009 in die bereits lange drohende Insolvenz führte.

Abb. 5 Mannschaftsfoto Challenge Cup 2004 (Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, zu Amb. 994. 2°)
Handballchronik des 1. FC Nürnberg
Niederlagen und Erfolge des Handballs beim 1. FC Nürnberg von seinen Anfängen 1921 bis zur Insolvenz 2009 dokumentieren sieben Chronik-Bände, die zusammen mit Meisterschaftsurkunden und -wimpeln 2013 der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg übergeben wurden: Chronologisch geordnete Ausschnitte aus Vereinszeitungen, Clubmagazinen, Flyern und Jubiläumsschriften ergänzen aus Zeitungen ausgeschnittene Berichterstattungen von Einzelspielen sowie Aufsätze aus Fachzeitschriften. Zur Vollständigkeit, mit der die Druckmedien kontinuierlich ausgewertet wurden, kommen handschriftliche Kommentare und zahllose Originalfotografien. Es entstand so ein einmaliges und umfassendes Dokument zur Geschichte des Handballs in einem Verein, das gleichzeitig in Originalton und Originalbildern Einblicke in Sport- und Lokalgeschichte des 20. Jahrhunderts bietet.

Abb. 6 Foto von einem Handballspiel im Jahr 1930 (Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Amb. 994. 2°(1), S. 344)
Erfolge der Frauenmannschaft des 1. FC Nürnberg Handball
13 Mal Deutscher Meister:
Großfeld 1961, 1963, 1964, 1965, 1968
Kleinfeld 1969, 1971
Halle 1964, 1969, 1970, 2005, 2007, 2008
2 Mal Pokal des Deutschen Handballbundes:
Halle 2004, 2005
1 Mal Challenge Cup der Europäischen Handballföderation: Challenge Cup Sieger 2004