"Als Mariner im Krieg" ist nicht nur der Titel einer bekannten autobiographischen Schrift von Joachim Ringelnatz, sondern auch der Titel einer Ausstellung, die vom 1. März bis 21. Mai 2017 im Stadtmuseum Neumarkt gezeigt wird.

Alles begann mit der Schenkung zweier originaler Fahnen des deutschen Unterseebootkreuzers U 155 an die Städtischen Sammlungen, einer deutschen und einer englischen. Ein Besatzungsmitglied hatte sie 1918 vor der Übergabe des Kriegsschiffes an die Alliierten "sichergestellt", um sie der Nachwelt zu erhalten. Er vertraute sie dann einem U-Boot-Fahrer des Zweiten Weltkriegs an, und dieser reichte sie nun an die Stadt weiter. Das hohe Alter ist den Fahnen anzusehen, der Stoff auch an mancher Stelle recht dünn geworden und nachgedunkelt. Ein interessantes Foto zeigt den Unterseebootkreuzer U 155 , als er in London der Bevölkerung zur Besichtigung frei gegeben wurde. Aus nachvollziehbaren Gründen wehte hier der Union Jack über der Kriegsflagge des deutschen Kaiserreichs. Das Interesse der Londoner war sicherlich groß, handelte es sich doch bei dem zur Schau gestellten Fahrzeug um die 1916 als erstes Handelsunterseeboot der Welt gebaute Deutschland. Das Schwesterschiff Bremen ging bereits bei der Ausreise verloren, wahrscheinlich durch eine britische Mine. Die Oldenburg wurde nicht mehr rechtzeitig vor dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten in Dienst gestellt, und alle weiteren Schwesterschiffe bereits beim Bau für den Kriegseinsatz umgerüstet.

Die Fahne des deutschen Unterseebootkreuzers U 155, Foto Frank Präger

Die Überlassung der Fahnen war Wasser auf die Mühlen des Neumarkter Stadtarchivars, der während seines Studiums noch ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hatte, Marinehistoriker zu werden. Doch das Schicksal hatte andere Pläne und so wurden letztendlich Kommunalarchivar und Hobbyschiffshistoriker die erreichten beruflichen und privaten Ziele. Gemeinsam mit der Marinekameradschaft Neumarkt und dem Freundeskreis der Schiffsmodellbauer Neumarkt sowie weiteren privaten Leihgebern wurde eine Ausstellung zusammengestellt, die 100 Jahre nach den Ereignissen anschaulich und auf dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand einen Einblick in den Krieg zur See geben soll, der sich auf allen Weltmeeren abspielte. Nicht nur zu Lande forderte der unselige Krieg immer wieder viele Opfer, gar manche Untergänge von Kriegs- und Handelsschiffen führten zu hohen Verlusten an Menschenleben wie etwa bei der Versenkung der Lusitania 1915.

Modelle des Kreuzers Emden (vorne) und des Großlinienschiffs Bayern, Foto Frank Präger

Neben Großmodellen des kleinen Kreuzers Emden und des Großlinienschiffs Bayern sowie des Linienschiffs Thüringen und des Marinezeppelins L 59 zeigen die in den Vitrinen nach Seegebieten geordneten 130 Kleinmodelle im Maßstab 1:1250 als typische Vertreter verschiedenster Schiffstypen die weltweite Verteilung der kaiserlichen Marinestreitkräfte .

Kriegsschiffe der kaiserlichen Marine in der Nordsee 1914, Foto Frank Präger

 

Kriegsschiffe der kaiserlichen Marine in der Ostsee 1914, Foto Frank Präger

Am 1. Februar 1917 begann nach mehreren, besonders auf Druck der USA wieder eingestellten Anläufen dauerhaft der uneingeschränkte Unterseebootkrieg. Nachdem zu Land die Siegesaussichten geschwunden waren, erblickte man im Seekrieg die Möglichkeit, Großbritannien noch besiegen zu können. Da die Hochseeflotte nach der zwar ehrenvollen, aber auch mit deutschen Verlusten verbundenen Schlacht am Skagerrak in den Heimathäfen vor sich hindümpelte, und hier durch Frustration und Kriegsmüdigkeit revolutionäres Potential entstand, sollten die Unterseeboote Englands Versorgung zur See und - für den durchaus ins Kalkül einbezogenen Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg - den Transport amerikanischer Soldaten nach Europa verhindern oder letzteren doch zumindest so lange behindern, bis der Krieg siegreich zu Ende geführt sein sollte. Hatte man diese neue Waffe am Anfang des Krieges als bestenfalls für Küstenschutzaufgaben geeignet unterschätzt, so überschätzte man nun die zahlenmäßig noch sehr schwachen Flottillen in ihren Möglichkeiten im atlantischen Zufuhrkrieg. Auch kam das U-Boot-Bauprogramm zu spät, um noch eine kriegsentscheidende Flotte bauen zu können, besonders da sich nun die Gegenmaßnahmen der Alliierten bemerkbar machten, so beispielsweise die Entwicklung von Wasserbomben oder die Einführung von Konvois, die teilweise bereits mit Luftsicherung fuhren.

Dokumentarische und propagandistisch gefärbte Abbildungen veranschaulichen die Informationen der Texttafeln. Foto Frank Präger

Eine Vitrine widmet sich auch den für Kriegszwecke umgebauten Handelsschiffen und während des Kriegs neu gebauten Kriegsschiffen, darunter einige Neubauten, die das Kriegsende nur in fortgeschrittenem Bauzustand oder gar im Projektstadium erlebten.

Joachim Ringelnatz, der sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs danach sehnte, auf einem der großen Schiffe der kaiserlichen Marine Dienst leisten zu dürfen, dann aber doch nur auf kleinen Booten zum Einsatz kam, rückt am Ende der Ausstellung noch einmal in den Mittelpunkt. Die Sonderausstellung schließt am 21. Mai 2017, dem Internationalen Museumstag, mit einer Lesung aus der bereits zitierten Schrift.

Gruppenführungen ab zwei bis 15 Personen; pro Person 3 Euro (Eintritt 2 Euro + 1 Euro Führungsentgelt) am Wochenende oder Montag bis Mittwoch ab 17 Uhr bzw. Freitag ab 14 Uhr können im Stadtarchiv gebucht werden (Tel. 09181/2552640 oder frank.praeger@neumarkt.de).

 

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