Alfred Cohn ist in seiner Heimatstadt Nürnberg aufgrund seines Lebenswegs, der mit den politischen Umbrüchen seiner Zeit eng verknüpft ist, vollkommen in Vergessenheit geraten. Glückliche Umstände führten dazu, dass Fotografien von Alfred Cohn, die er in Argentinien nach seinem Tod zurückgelassen hatte, wieder ihren Weg nach Nürnberg fanden. Durch intensives Suchen von Quellen zu seiner Person in den Nürnberger und Münchner Archiven und beim Landesentschädigungsamt München konnte sein Lebensweg in Deutschland in groben Zügen rekonstruiert werden.
Der 1902 in Nürnberg geborene Alfred Cohn, Sohn des jüdischen Kaufmanns Berthold Baruch Cohn und seiner Frau Paula, arbeitete nach seinem Studium der Rechte, Staatswissenschaften und Philosophie in dem Textilwarengeschäft S. Guttmann, dem er ab 1926/27 als Geschäftsführer vorstand. Mit viel Geschick und Organisationstalent führte er das Unternehmen zu neuer Blüte. Er engagierte sich im Detaillistenverein Nürnberg, wirkte bei der Gründung der Kunden-Kredit GmbH Nürnberg mit und war als Arbeitsrichter beim Amtsgericht tätig. Neben seiner beruflichen Tätigkeit begeisterte sich Alfred Cohn sowohl für die grandiose Bergwelt der Alpen als auch für die europäische und außereuropäische Kunst und Kultur, die er in zahlreichen Fotografien festhielt. Mit seiner Fotoausrüstung bestieg er 65 Viertausender.
Schon kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 war das jüdische Unternehmen S. Guttmann von den Boykottmaßnahmen des NS-Regimes betroffen, und auch die Wohnung der Familie Cohn wurde durchsucht, wobei die SA hunderte seiner Glasplattennegative zerstörte. Nach dem Verlust seiner Stellung durch die „Arisierung“ der Firma verlegte Alfred Cohn seinen Wohnsitz im August 1933 nach München. Er unterstützte als Einkäufer das Damenkonfektionsgeschäft Stock & Co. in Haifa und Tel Aviv, bei dem er im Rahmen des so genannten Haavara-Transfers stiller Teilhaber war.
Nachdem sich seine Situation aufgrund der antijüdischen Maßnahmen in Deutschland immer mehr verschlechterte, emigrierte Alfred Cohn mit der Münchner Jüdin Margarethe Neuburger, seiner späteren Frau, im Sommer 1938 über die Schweiz nach Uruguay und schließlich aus gesundheitlichen Gründen nach Argentinien. 1974 verstarb er in Engelberg im Kanton Obwalden in der Schweiz.
Alfred Cohns Eltern zogen im Sommer 1939 nach Holland, doch ihr eigentliches Ziel, die USA, erreichten sie nie. Sein Vater Berthold verstarb 1942 in Amsterdam, seine Mutter Paula kam Anfang April in das Sammellager Westerbork und wurde in das Konzentrationslager Sobibor in Polen deportiert. Am 16. April 1943 wurde sie für tot erklärt.
Ausführliche Informationen zum Leben von Alfred Cohn sind in dem die Ausstellung begleitenden gleichnamigen Katalog „Höher geht’s nimmer‘ – Die Welt der Viertausender. Fotografien des Nürnberger Alpinisten und Kaufmanns Alfred Cohn 1926–1929“ zu finden. Führungen in der derzeitigen Ausstellung im Stadtarchiv Nürnberg finden am Freitag, 28.7. und 15.9., jeweils um 18.30 Uhr, und am Sonntag, 6.8. und 24.9., jeweils um 15.30 Uhr, statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.