Projekte und Planungen für den neuen Zentralfriedhof in den 1870er Jahren

Um 1870 begannen Planungen und Bodenuntersuchungen für die Einrichtung eines neuen gemeindlichen Friedhofes für die Gesamtstadt Nürnberg, da die bestehenden Friedhöfe St. Johannis, St. Rochus und St. Peter angesichts des Wachstums der Einwohner der Stadt nicht mehr ausreichten.
Erste Untersuchungen machte man im Bereich des „Steinbühler Fahrweges“. Dieser lag im Bereich des späteren MAN-Geländes südlich der Frankenstraße, beginnend etwa gegenüber der Einmündung der Gugelstraße und endend an der Katzwanger Straße. Es wurde jedoch festgestellt, dass sich dieser Bereich als ungeeignet erwies (C 7/I Nr. 8009, Bl. 23 – 24, Bl. 28).

Projekt für eine Erweiterung des bestehenden Friedhofs 1872
Projekt für eine Erweiterung des bestehenden Friedhofs 1872 (Stadtarchiv Nürnberg C 7/I Nr. 8009 S. 31)

1872 begannen Planungen im Gebiet westlich von St. Johannis. Zunächst fanden diese im unmittelbar an die Stadt angrenzenden Gebiet im heutigen Stadtteil Neu-Wetzendorf statt. Anhand von Plänen und Planskizzen im Akt wird die Situation in dieser Zeit veranschaulicht (C 7/I Nr. 8009. Bl. 31 und 62). Die Bewohner von St. Johannis richteten mit einer Unterschriftenaktion einen Appell an die Stadt, diese Planungen – quasi einer Erweiterung des Johannis-Friedhofs – nach Westen zu beenden (C 7/I Nr. 8009, Bl. 69 – 74).

Planungsskizze für den Bereich östlich der Allersberger Straße
Planungsskizze für den Bereich östlich der Allersberger Straße (Stadtarchiv Nürnberg C 7/I Nr. 8009 S. 89)

Daraufhin gab ein es Angebot einiger Grundstücksbesitzer an der Allersberger Straße zur Nutzung ihrer Felder gegenüber dem Garten der Kreislandwirtschaftschule – dem Gelände gegenüber dem heutigen Südbad (C 7/I Nr. 8009, S. 86 – 89, mit Plan).
Weitere Planungsgebiete waren jeweils ein Gebiet bei Großreuth b. Schweinau und insbesondere das Klingenwäldchen südlich von Herrnhütte. In letzterem begann man intensive Bodenuntersuchungen in Form von Bohrungen, über die ebenfalls Unterlagen vorliegen.
In Kommissionssitzungen am 29. und 31.10.1873, deren Protokolle sich im Akt befinden, wurden die Argumente für und gegen den Standort bei St. Johannis und beim Klingenwäldchen beraten.
In einer Druckschrift vom 19.3.1874 an den Magistrat wurde vom Vorstadtverein St. Johannis mit „wissenschaftlichen“ Argumenten ein Friedhof bei St. Johannis abgelehnt und als Standort „entweder in der Gegend der Herrenhütte oder auf den Höhen bei St. Jobst“ `empfohlen´ (C 7/I Nr. 8009, Bl. 196). In einer Kommissionssitzung am 23.3.1874 wurde das Projekt zur Erweiterung des Johannis-Friedhofes nach Westen in einer Abstimmung mit 13:6 abgelehnt. Auch ein Artikel im Fränkischen Kurier vom 13.4.1874 befasste sich mit diesem Thema.
Damit wurde das Klingenwäldchen im Nordosten das primäre Planungsgebiet. Vier Grundriss-Pläne, am Rand mit Kommentaren versehen, geben Einblick in dieses Projekt (C 7/I Nr. 8016). Auch mehrere Profilschnitte des Klingenwäldchens und seiner Umgebung wurden angefertigt.

Das Klingenwäldchen als möglicher Standort eines Zentralfriedhofes
Das Klingenwäldchen als möglicher Standort eines Zentralfriedhofes (Stadtarchiv Nürnberg C 7/I Nr. 8016)

Ein gedrucktes Schreiben des Vorortsvereins von St. Johannis und zwei gedruckte Gutachten über die Bodenbeschaffenheit dieses Gebietes sollten dieses Areal als das am besten geeignete darstellen (C 7/I Nr. 8009, Bl. 219 – 221). Auch ein Prof. Dr. med. Reclam sprach sich in einer Druckschrift zunächst für das Klingenwäldchen aus, da es von dichterer Wohnbebauung entfernt läge (C 7/I Nr. 8009, Bl. 247).
Probleme für das Klingenwäldchen als Standort waren jedoch nicht zuletzt seine nach damaligen Verhältnissen etwas zu abgelegene Lage. Der Friedhof sollte zwar nicht zu nahe an größeren Wohnbebauungsbereichen liegen, es gab zur Erreichbarkeit jedoch noch keinen öffentlichen Personennahverkehr. Man stellte bei weiteren Untersuchungen zudem fest, dass die Bodenbeschaffenheit und auch die Abfluss-Richtung des Grundwassers nicht den ursprünglichen Gutachten entsprachen. Als klar wurde, dass das Grundwasser nicht nach Süden, sondern westlich bis südwestlich verlief, änderte der in dieser Thematik besonders aktive Vorstadtverein St. Johannis seine Meinung und sprach sich jetzt gegen das Klingenwäldchen aus (C 7/I Nr. 8009, Bl. 293 / 294).
Man rückte auf Grund ungünstiger Untersuchungsergebnisse von einem derartigen Projekt ab. 
Anfang 1875 gelangte das Gebiet südlich von Großreuth bei Schweinau und östlich von Gebersdorf kurzzeitig als möglicher Standort in den Focus (nördlich des neuen Bahnhofes von Stein).

Planungen für den Zentralfriedhof im Bereich heutigen Westfriedhofes
Planungen für den Zentralfriedhof im Bereich heutigen Westfriedhofes (Stadtarchiv Nürnberg C 7/I Nr. 8009 S. 265)

Bereits im Juni 1874 war ein Teil des Areals des heutigen Westfriedhofs, ein Kilometer westlich des Johannis-Friedhofes, in die Planungen einbezogen worden (C 7/I Nr. 8009, Bl. 265). In einem einstimmigen Plenarbeschluss vom 28.5.1875 wurde dieser Standort im Bereich Schniegling / Wetzendorf mit einer Auflistung der betreffenden Grundstücke als neuer Standort für den Zentralfriedhof festgelegt. (C 7/I Nr. 8009, Bl. 336).
Auf einem Plan von 1908 vom Areal des ehemaligen Klingenwäldchens (C 7/VIII Nr. 1286), wo sich inzwischen bereits der Nordostbahnhof befand, findet sich ein Eintrag, dass zur Nivellierung des Geländes südlich der Bahnlinie 115000 qm Aushub zur Auffüllung vom Gelände am Westfriedhof dienen sollte. Man könnte sagen, dass sich der Kreis schließt, in dem man die Erde aus dem Klingenwäldchen nun zum neuen Friedhof bringt.

Plan von 1908 des inzwischen weitgehend abgeholzten Klingenwäldchens mit seiner weiteren Nutzung
Plan von 1908 des inzwischen weitgehend abgeholzten Klingenwäldchens mit seiner weiteren Nutzung (Stadtarchiv Nürnberg C 7/VIII Nr. 1286 Bl. 281)

Kommentieren