Nachlass Egon Schmid im Stadtarchiv Weißenburg

Seit Sommer dieses Jahres verwahrt das Stadtarchiv Weißenburg i. Bay. einen besonderen, überregional bemerkenswerten Zugang: den Nachlass Egon Schmid (1897-1955), einem Visionär des deutschen Theaterwesens und führendem Kopf der Freilichttheaterbewegung.

Bergwaldtheater Weißenburg, Ölbild von Michael Biebl, 1932

Der bis dahin relativ unbekannte und unerfahrene Intendant wirkte Schmid ab 1931 am Bergwaldtheater in Weißenburg, war daneben aber zeitgleich an anderen Bühnen, wie z. B. der Luisenburg in Wunsiedel, aktiv.

Er löste das Weißenburger Freilichttheater aus der provinziellen Enge des Heimatspiels (Weißenburger Waldspiel) und führte es rasch in die erste Liga der deutschen Freilichtbühnen.

Egon Schmid war nach dem damaligen 1. Bürgermeister Dr. Hermann Fitz, der mit viel persönlichem Engagement das BWT entwickelt und 1929 auf den Weg gebracht hat, die bestimmende Figur der Anfangszeit.

Werbeplakat Weißenburg von Ludwig Hohlwein, um 1930

Schmid hatte in Freiburg (1915/1916) und München (1920-1923)  Philosophie, Germanistik, Kunst- Theater- und Musikwissenschaften studiert. Überaus rührig stürzte sich Schmid dann auf das Thema Freilichtspiel. Seine erste Anstellung als Intendant war dann Weißenburg. Hier hatte er seiner Meinung nach die ideale Spielstätte gefunden. Schnell fand er überregionale Anerkennung für seine Arbeit. Unsere Stadt war dann 1932 auch Treffpunkt namhafter Schriftsteller und Theaterwissenschaftler in einer „Dramatiker- und Pressetagung“. Begleitend dazu hatte Schmid eine Ausstellung über „Deutsche Freilichtbühnen“ zusammengestellt. Viele der damals auf Karton montierten Veranstaltungsplakate aus Bühnen in ganz Deutschland sind im heutigen Bestand noch erhalten. Die Ausstellung wurde nach Weißenburg, Chemnitz und Speyer auch im Theatermuseum in Köln präsentiert.

Handgeschriebenes Ausstellungsplakat (1934)

Nach der Festspielsaison 1939 verließ Schmid das inzwischen zur „reichswichtigen Bühne“ aufgestiegene Bergwaldtheater und ging nach Regensburg.

Es folgten weitere Stationen als Spielleiter; spätere Bewerbungen für ein nochmaliges Engagement in Weißenburg waren erfolglos. 1955 starb Egon Schmid in Reutlingen.

Der jetzt von der Familie übergebene Nachlass enthält neben einem ansehnlichen Posten von Pressefotos (zu Bühnen und Aufführungen) und Zeitungsausschnitten (u.a. auch zu den Dramatikertagungen) als Kernstück eine umfangreiche Sammlung von Plakaten. Es sind Spielpläne, Jahresprogramme, Einzelveranstaltungen und Werbeplakate zu Spielorten in ganz Deutschland, von Aachen bis Zoppot. Schwerpunkte sind natürlich die Stationen Schmids in Weißenburg, Wunsiedel und Rudolstadt. Der Umfang ist enorm und mit fast 300 Stücken wohl auch einzigartig. Allein der Weißenburger Bestand enthält viele, bis dato hier unbekannte Plakate.

Entwurf für ein Bühnenprojekt in Wunsiedel, von Willi Willmann, 1936

Entwurf für ein Festspielplakat für Rudolstadt, von Willi Willmann (1938)

Enthalten sind vereinzelt auch Ideenskizzen zu Bühnenumbauten, wie z. B von Willi Willmann für das Bergwaldtheater Weißenburg 1935 oder von Prof. Adolf Linnebach (1876-1963). Herausragend sind zwei ausdrucksstarke Ölbilder des Bergwaldtheaters von dem Kunstmaler Michael Biebl (1891-1959) aus dem Jahr 1932 (siehe Titelbild).

Natürlich dürfen auch Arbeiten von Ludwig Hohlwein (1874-1949), dem bedeutendsten Plakatkünstler der Zeit, nicht fehlen.

Plakat der Römerbergfestspiele in Frankfurt a. M. 1937, von Ludwig Hohlwein

Der Bestand ist inzwischen erschlossen und im Stadtarchiv Weißenburg einsehbar.

Kommentieren