Fotografieren für den Denkmalschutz: drei Bildbestände vorgestellt

Nachdem sich die Fotografie 1839 als bildgebendes Verfahren etablierte, erkannten Architekten und Restauratoren in dem neuen Medium ein Hilfsmittel zur Erfassung von Baudenkmälern. Bereits 1842 nutzte der französische Architekt Eugène Viollet-le-Duc (1814–1879) Daguerreotypien zur Vorbereitung seiner Restaurierungsarbeiten an der Kathedrale Notre Dame in Paris. Ihm folgte der Engländer John Ruskin (1819–1900), der sich ebenfalls die Daguerreotypie bei der Vermessung der venezianischen Palastarchitektur für sein 1851 erschienenes Werk „The Stones of Venice“zunutze machte. Als erste groß angelegte und von öffentlicher Hand initiierte fotografische Denkmalkampagne gilt die im gleichen Jahr in Frankreich durchgeführte „Mission héliographique“, eine im Auftrag der „Commission des monuments historiques“ durchgeführte Dokumentation mittelalterlicher, zum nationalen Kulturerbe Frankreichs zählender Bauwerke. In Deutschland propagierte Albrecht Meydenbauer (1834–1921), der Begründer der Königlich Preußischen Messbild-Anstalt in Berlin erstmals die Idee einer bildlichen Inventarisation von Baumonumenten mittels Fotografie. Durch die schnellere Handhabung, die Objektivität und größere Genauigkeit hatte das neue Medium rasch gegenüber der bislang üblichen zeichnerischen Wiedergabe von Bauten an Attraktivität gewonnen. Zudem erleichterten Verfahren wie die Trockenplatte und das Albuminpapier sowie die rasche Entwicklung der Kameratechnik und die immer besseren und leistungsfähigeren Objektive den Umgang mit der Fotografie. Damit setzte sie sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Bilddokumentation durch und wurde zu einem festen Bestandteil denkmalpflegerischer Arbeit.

Landauer Kapelle, Innerer Laufer Platz 11. Foto Staatliche Bildstelle Berlin:
Edgar Titzenthaler, um 1935. (StadtAN A 44 Nr. C-6169-1)

Das Stadtarchiv Nürnberg verfügt über drei Fotosammlungen, die als kunstwissenschaftliches Denkmalarchiv angelegt wurden, um die historische, die reichsstädtische Zeit beschreibende Architektur Nürnbergs der Nachwelt zu überliefern. Die alte Bausubstanz war durch die, Ende des 19. und Anfang des 20 Jahrhunderts vehement voranschreitende Urbanisierung einschneidenden Veränderungen ausgesetzt, teilweise drohte ihr sogar der Verfall. Neben den beiden, auf kunst- und bauhistorischen Forschungen fußenden Beständen „A 46 – Friedrich August Nagel“ und „A 48 – Fritz Traugott Schulz“ zählt dazu auch der BestandA 44 – Staatliche Bildstelle Berlin“. Nagel und Schulz waren beide Amateurfotografen. Dem hingegen entstanden die Fotografien der Staatlichen Bildstelle Berlin im Rahmen einer deutschlandweit durchgeführten Denkmalkampagne, an deren Spitze der Berufsfotograf Edgar Titztenthaler (1887–1955) stand.

Bildquelle zur Garten- und Hausforschung: Die Fotografien von Friedrich August Nagel

Der fotografische Nachlass des Architektur-und Gartenforschers Friedrich August Nagel mit rund 18.000 Negativplatten und ebenso vielen Originalabzügen stellt zu einem großen Teil den Ausfluss seiner privat motivierten Forschungsarbeit zu lokalgeschichtlichen Themen dar. Seine Arbeiten sind besonders wertvoll, da er mit der Kamera vor allem das Unscheinbare in den Blick nahm. Nicht die großen Sakral- und Profanbauten standen bei ihm im Mittelpunkt, sondern die kleinen Handwerkerhäuser, die Reste der einst prächtigen barocken Gartenkultur und der bäuerlichen Wohnkultur des Nürnberger Umlands bildeten seine bevorzugten Motive und machen seine Fotosammlung so zu einer einmaligen Quelle für die Haus- und Bauforschung. Während die Negativplatten und sachthematisch geordneten Originalabzüge zunächst von der Bildstelle des Hochbauamts aufbewahrt wurden, waren sein schriftlicher Nachlass zur Nürnberger Gartenkultur und seine in den 1920er bis 1950er Jahren im Auftrag des Bauamts durchgeführten topografischen Untersuchungen im Stadtarchiv zu finden. Seit 1993, mit der Überführung der Bildstelle an das Archiv, sind Nagels bildliche und schriftliche Zeugnisse an einem Ort vereinigt, jedoch unterschiedlichen Beständen zugeordnet.

Hesperidengarten Johannisstr. 21. Foto Friedrich August Nagel, vermutlich 1910.
(StadtAN 46 Nr. 6272)

Zur Geschichte des Nürnberger Bürgerhauses: Die Sammlung Fritz Traugott Schulz

Der Geschichte und Gestalt des Nürnberger Bürgerhauses widmete sich der Kunsthistoriker Fritz Traugott Schulz, der zwischen 1901 und 1926 im Auftrag des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg die damals noch reichlich vorhandenen Zeugnisse der reichsstädtischen Wohnkultur ablichtete. Neben der eigentlichen beruflichen Tätigkeit als Kunsthistoriker – zuerst am Germanischen Nationalmuseum, später als Leiter der Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg –, erfasste er auf nahezu 3.000 Glasplatten die Außen- und Innenansichten der Bürgerhäuser für das groß angelegte, mehrbändige Werk „Nürnbergs Bürgerhäuser und ihre Innenausstattung“, von dem allerdings nur ein Band erschienen ist. Wie bei Nagel konnten mit dem Übergang der Bildstelle an das Stadtarchiv endlich Glasplattennegative, Originalabzüge und handschriftliche Aufzeichnungen im Archiv zusammengeführt werden – allerdings wiederum unterschiedlichen Bestandsgruppen zugeordnet. Korrespondenzen, Berichte, Gesprächs- und Sitzungsprotokolle zum Entstehungsprozess der Bürgerhauspublikation sind Bestandteil der Akten des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg.

Türklopfer an der Erdgeschosstür des Toplerhauses, Untere Söldnersgasse 17.
Foto Fritz Traugott Schulz, Oktober 1916. (StadtAN A 48 Nr. Sc-48-20)

Nürnberg vor der Zerstörung: Die Dokumentation der Staatlichen Bildstelle Berlin

Zu den kunsthistorisch herausragenden Beständen, da es sich um die letzte fotografische Erfassung der historischen Baudenkmäler überwiegend in der Altstadt vor den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg handelt, zählt „A 44“ mit rund 1.600 Originalabzügen. Die von der Staatlichen Bildstelle Berlin während der Jahre 1933 bis 1936 angefertigten Aufnahmen wurden 1936 in einer Ausstellung in der Norishalle der Nürnberger Öffentlichkeit präsentiert. Fotograf war Edgar Titzenthaler als Leiter der fotografischen Abteilung renommierten Berliner Anstalt, die aus der Königlich Preußischen Meßbild-Anstalt hervorging. Anlass für die Aufnahmeserie war das 50-jährige Jubiläum der Staatlichen Bildstelle. Denkmalpflegerischen Vorgaben folgend, entstanden dabei Aufnahmen von großer Sachlichkeit und Klarheit, die die Baulichkeiten und Kunstwerke mit ihrem topografischen Umfeld in den Mittelpunkt rücken und gleichzeitig eine bildmäßig-ästhetische Wirkung anstreben. Seine besondere Bedeutung hat dieser Bestand erlangt, da die in Berlin aufbewahrten Negativplatten im Format 24 x 30 bei Kriegsende verloren gingen, lediglich die in Nürnberg aufbewahrten, hervorragend ausgearbeiteten Originalabzüge blieben erhalten. Sie dürfen als Höhepunkt der bildlichen Dokumentation des unzerstörten Nürnbergs gelten.

Decke in der Egidienkirche. Foto Staatliche Bildstelle Berlin, 1935.
(StadtAN A 44 Nr. C-6168-12)

Weitere Aufnahmen aus diesen Beständen können Sie unserem Instagram-Auftritt @stadtarchivnuernberg und unserer Facebookseite entnehmen.

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