Katalog zum Notgeldbestand des Stadtarchivs Erlangen erschienen

Reichsbanknote 1922, Überdruck von Eintausend Mark zu Einer Milliarde Mark

Reichsbanknote 1922, Überdruck von Eintausend Mark zu Einer Milliarde Mark

Das Stadtarchiv Erlangen besitzt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Reihe von Schätzen mit weit überregionaler Bedeutung, darunter Originalreste von der Bücherverbrennung am 12. Mai 1933 oder Fotos von der Reichspogromnacht vom 9. auf 10. November 1938. Ursache dafür ist zum einen die Struktur Erlangens als Universitäts-, Garnison- und Industriestadt, wie sie in Bayern damals nur noch München und Würzburg aufwies, dann der lutherische Charakter der Hochschule als Alleinstellungsmerkmal und die hier besonders typischen, das Stadtbild prägenden Corps, Burschenschaften und sonstigen Studentenverbindungen, dazu die zahlreichen bürgerlichen Vereine, und schließlich nicht zuletzt die Tatsache, daß Erlangen den Zweiten Weltkrieg ohne nennenswerte Verluste überstand. Das heißt, es gab hier Milieus und spezifische Ereignisse, die so andernorts nicht existierten bzw. stattfanden. Vermutlich deswegen hat Erlangen überdurchschnittlich viele Fotografen aufzuweisen. Auch lebten hier immer wieder Privatleute, die Geld und vielfältige Interesse hatten, was zusammengenommen zu einer ungewöhnlich reichen Überlieferung an Bildmaterial und Sammlungen aller Art führte. Unter ihnen ragt Dr. Ernst G. Deuerlein (1893-1978) heraus. Eigentlich Lehrer für Chemie am Ohm-Polytechnikum in Nürnberg, verwaltete er von 1933 bis 1945 nebenamtlich das Erlanger Stadtarchiv. Er war Verfasser einer großen Zahl von immer noch sehr brauchbaren Beiträgen zur Erlanger Stadt-, Universitäts- und Studentengeschichte. Bis heute unübertroffen ist sein 1936 zusammen mit dem Rektor der Universität Prof. Dr. Hermann Wintz publiziertes Buch „Erlangen im Spiegel der Münze, Erster Teil: Erlanger Münzen und Notgeld“. Bestens vernetzt in der Erlanger Gesellschaft, als Sohn eines Juweliers durchaus wohlhabend, entwickelte er sich von Jugend an zu einem im Alter regelrecht pathologischen Sammler. Ihm verdankt das Stadtarchiv einen großen Teil seiner interessantesten Sammlungsbestände, darunter Notgeld, Münzen, Medaillen, Vereinsabzeichen, Siegel, Fotografien und vieles mehr.

Stadtarchiv Erlangen XXXIX.36.E.26r

Gutschein der Firma Reiniger, Gebbert & Schall vom 25. Oktober 1923 (StadtAE XXXIX.36.E.26r)

Diese Bestände waren am alten Archivstandort in der Cedernstraße bzw. in den Außenmagazinen – einem alten Brauereikeller, einem Fahrradkeller unter einer Schulturnhalle oder im Keller eines ehemaligen Vorort-Rathauses – denkbar schlecht untergebracht und damit in der Regel aus den Augen und weitgehend aus dem Sinn. Erst seit dem Umzug 2011 in den neuen, am 29. Februar 2012 eröffneten Standort im „Museumswinkel“ mit fast idealen Arbeits- und Magazinverhältnissen können diese Schätze, von deren Existenz auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses bisher kaum etwas, von deren Bedeutung mangels Auswertung so gut wie nichts bekannt war, nach und nach erschlossen werden. Den Anfang macht die mit 6400 Scheinen nicht ganz unbedeutende Notgeldsammlung, die in kleinen Umschlägen verwahrt, in zwei schuhkartongroßen Schachteln versteckt, nicht nutzbar war.

Stadtarchiv Erlangen XXXIX.36.E.26v

Rückseite des Gutscheins von Reiniger, Gebbert & Schall (StadtAE XXXIX.36.E.26v)

Die Beschäftigung mit der Geschichte des Ersten Weltkriegs machte das enorme stadtgeschichtliche Potential dieses Themas deutlich. In den Jahren 2014 und 2015 konnten die Mittel bereitgestellt werden, um mit Hilfe einer jungen Buch- und Bibliothekswissenschaftlerin den Bestand einzuscannen, ihn zu erschließen und die kleinformatigen, empfindlichen Scheine nach konservatorischen Gesichtspunkten für die Zukunft unterzubringen.

Das Ergebnis sind zwei umfangreiche Bestandskataloge Notgeld- und Notzeiten in Erlangen von 1914 bis zum Ende der Hyperinflation 1923 (Auszug aus dem Vorwort zum ersten Katalogteil).

Ein Aufsatzband zu dem Thema wird noch Ende diesen Jahres erscheinen und gesondert angekündigt.

Das Notgeld des Stadtarchivs Erlangen aus Deutschland, Österreich und der Welt A-K

Hrsg. Andreas Jakob / Bearb. Anna Popp, Veröffentlichung des Stadtarchivs Nr. 15

648 S. m. zahlr. Abb.

ISBN 978-3-944452-06-7

Das Buch kann für 24,80 € im Stadtarchiv erworben werden.

Das Notgeld des Stadtarchivs Erlangen aus Deutschland, Österreich und der Welt L-Z

Hrsg. Andreas Jakob / Bearb. Anna Popp, Veröffentlichung des Stadtarchivs Nr. 16

624 S. m. zahlr. Abb.

ISBN 978-3-944452-07-4

Das Buch kann für 24,80 € im Stadtarchiv erworben werden.

Beide Bände zusammen kosten 39,90 €.

 

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