Bedingt durch Kriegseinwirkungen war das Gebiet um die Vordere und Hintere Beckschlagergasse gegen Ende des Zweiten Weltkriegs vollständig zerstört worden. Mit dem Baulinienplan Nr. 3508 wurde bereits Anfang der 1950er Jahre auf einen Wiederaufbau der Häuserzeile zwischen den beiden Beckschlagergassen verzichtet. Das verfolgte Ziel war dabei eine verkehrsmäßige Verbindung zwischen der Inneren Cramer-Klett-Str. und dem Inneren Laufer Platz herzustellen. Die gewonnenen Flächen sollten beiderseits mit breiten Schrägparkstreifen und Grünflächen, inklusive Parkbänken, ausgestattet werden, um einen „schöneren Anblick“ zu erzielen. Die Pflanzung von Bäumen wurde kontrovers diskutiert, da sie „innerhalb von Gehsteigen“ nicht gut wachsen und „zur Verunreinigung des Gehsteiges durch Hunde“ beitragen.[1] Unmittelbar sollte auch die Parksituation vor Ort durch die Zunahme des Automobilverkehrs entschärft werden. Der Automobilverkehr hatte in den Nachkriegsjahren stark zugenommen. Die Grundlinien der nördlichen Häuserzeile der Vorderen Beckschlagergasse und die südliche Häuserzeile in der Hinteren Beckschlagergasse blieben aufgrund der neu gewonnen Straßenfläche aber unangetastet.
Den Planungen musste jedoch eine Erwerbung der Liegenschaften einhergehen. Einige Grundstücksbesitzer versuchten nämlich unmittelbar nach Kriegsende einen Wiederaufbau ihrer Ruinen zu erwirken. Doch die verschiedenen Gesuche um Wiederaufbau wurden abgelehnt. Die Begründung wiederholte sich nahezu: „Das betreffende Anwesen liegt in einem Block, der nach der Altstadtplanung vollkommen verschwindet.“[2] Waren die Eigentümer nicht selbst gewillt zu verkaufen, so empfahl das Grundstücksamt einen Erwerb der Liegenschaft durch die Stadt vorzunehmen. Die Kosten der Grundstücke fielen unterschiedlich und abhängig von ihrer Lage aus. Während das 90qm große Grundstück Vordere Beckschlagergasse 26/Hintere Beckschlagergasse 25 von Appolonia Hertlein der Stadt „um den äusserst günstigen Preis von 3500,-- DM“ angeboten wurde, zahlte die Stadt für das 140 qm große Grundstück mit der Hausnr. Vordere Beckschlagergasse 18/Hintere Beckschlagergasse 17 deutlich mehr.[3]
Viele Nürnberger hatten durch den Krieg ihre gesamte Existenz verloren. Dieses Schicksal hatte beispielhaft die 60-jährige Milchverkäuferin Emma Abend und ihren Mann in der Vorderen Beckschlagergasse 16/Hintere Beckschlagergasse 15 getroffen. Am Rande der Notlage veräußerten sie ihr lediglich 30qm umfassendes Grundstück für 1350 DM an die Stadt.[4] Im Verhältnis der anderen Erwerbungen erhielten die Eheleute hier geringfügig Notkapital. Georg Merkel, Inhaber der vorderen Beckschlagergasse 14 erhielt im Vergleich für sein 40qm großes Grundstück mit 1600 DM nur unwesentlich mehr.[5]
In Nürnberg veränderten die Baulinienplanungen das Antlitz der Stadt an vielen Stellen. Die Erwerbungen und Veräußerungen der Stadtverwaltung treten im Bestand C 7/VIII besonders hervor und bieten Interessierten verschiedene Einblicke in die Nürnberger Stadtgeschichte der Nachkriegszeit.
[1] StadtAN C 20/VIII Nr. 1388, Vermerk Stpl. vom 28.10.1960, o. N.
[2] StadtAN C 7/VIII Nr. 11375, Vermerk Stpl. vom 17.05.1949, Nr. 5.
[3] Ebd., Vermerk GrA vom 13.10.1949, Nr. 14. Das Grundstück Vordere Beckschlagergasse 18/Hintere Beckschlagergasse 17 umfasste 140qm, s. StadtAN C 7/VIII Nr. 11452, Kaufvertrag vom 03.09.1954, Nr. 59-65.
[4] StadtAN C 7/VIII Nr. 11463, Kaufvertrag vom 07.12.1955, Nr. 22-27.
[5] StadtAN C 7/VIII Nr. 11411, Kaufvertrag vom 14.07.1953, Nr. 18-22.