Von der Vereinsgründung bis zum Ersten Weltkrieg - Grundsteinlegung für spätere Erfolge
Inmitten der Gründerjahre des deutschen Fußballs – am 28. Januar 1900 hatten in Leipzig 36 Repräsentanten von 86 Vereinen den Deutschen Fußballbund gebildet – wurde am 4. Mai 1900 im Wirtshaus „Zur Burenhütte“ nahe der Deutschherrnwiese der „1. Fußball-Club Nürnberg“ gegründet. Die 18 Gründer, überwiegend Schüler und Absolventen der beiden humanistischen Gymnasien, wandten sich bald vom Rugby ab und spielten nach den Regeln der 1863 in London gegründeten Football Association „Fußball ohne Aufnehmen des Balles“. Waren die ersten Jahre noch stark von Improvisation geprägt – der junge „Club“ nahm noch nicht an regulären Verbandsspielen teil, Torpfosten und Eckfahnen mussten für jede Partie mitgebracht und anschließend wieder abgebaut werden – wurden die Strukturen bald professionalisiert.
Der neue Fußballsport erfreute sich rasch wachsender Popularität und entwickelte sich zum beliebten Zuschauersport. Schon 1905 zog der FCN an die Ziegelgasse in Steinbühl um, wo bereits eine kleine Holztribüne mit 300 Sitzplätzen, Umkleiden und Kassenhäuschen zur Verfügung standen. Nur drei Jahre später machte der enorme Zuschauerandrang einen erneuten Umzug an die damalige Maiachstraße in Schweinau erforderlich.

An der Maiachstraße in Schweinau wurde für 25.000 Mark eine Sportanlage mit Tribüne und Umkleiden gepachtet. Postkarte, um 1908 (StadtAN A 34 Nr. 2614)
Doch auch hier erwiesen sich die aufgeschütteten Zuschauerwälle schon vor Ablauf der Pachtzeit als zu klein, weshalb der Vereinsvorstand 1911/12 den Kauf eines eigenen Sportgeländes beschloss. Stolze 300.000 Mark ließ sich der Verein den Kauf des 47.000 Quadratmeter großen Areals am Zerzabelshof und die Errichtung des stattlichen Klubhauses, der Übungsplätze und der Holztribüne mit modernen Umkleideräumen kosten. Nicht zuletzt zur Umgehung der von der Stadt Nürnberg verhängten Lustbarkeitssteuer fiel die Wahl auf den etwas außerhalb gelegenen „Zabo“. Das unter Vereinsvorstand Leopold Neuburger (1881–1928) realisierte Sportgelände samt dem zunächst 8.000 Zuschauer fassenden Stadion galt bald als eine der bedeutendsten Sportanlagen Deutschlands und war zweifelsohne ein wichtiger Faktor für die sportlichen Erfolge des nächsten Jahrzehnts.

Die Sportanlage „Zabo“ konnte am 24. August 1913 eröffnet werden. Foto. (StadtAN A 41/II Nr. LR-281-7)
An die den bayerischen Meisterschaften entsprechenden Titelgewinne 1907, 1908 und 1909 konnte der „Club“ in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg nicht anknüpfen, der ewige Rivale aus Fürth hatte den Nürnbergern den Rang abgelaufen. In der Rückschau waren es ausgerechnet die entbehrungsreichen Jahre des Ersten Weltkriegs, die zur Keimzelle des sportlichen Höhenflugs der Nürnberger in den Zwanzigerjahren wurden. Trotz der Schuldenlast vom Ausbau des „Zabos“ und 168 zu Tode gekommenen Vereinsmitgliedern, darunter vier Spieler der ersten Mannschaft, kam der FCN dank eines Reservefonds vergleichsweise gut durch die Kriegsjahre. Mehr noch: Da der „Club“ in den Jahren des Mangels über erhebliche Ressourcen in Form von Geld, hervorragender Infrastruktur und nicht zuletzt ausreichend Fußbällen, die noch rechtzeitig in größerer Zahl beschafft worden waren, verfügte, schlossen sich talentierte junge Nürnberger Fußballspieler bevorzugt dem 1. FCN an. Heiner Stuhlfauth, Michael Grünerwald (1899–1974), Luitpold Popp, Wolfgang Strobel (1896–1945) und Hans Kalb waren allesamt in den Kriegsjahren zum „Club“ gestoßen. Der Gewinn der Süddeutschen Kriegsmeisterschaft 1916 unter Spielertrainer Gustav Bark (1889–1970) war nicht nur der bis dato größte Titelgewinn der Nürnberger, sondern auch ein Vorgeschmack auf die nachfolgende Erfolgsära.
Mit ungarischer Expertise zur ersten deutschen Meisterschaft
Spätestens nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Fußball zum Massenphänomen und zum beliebtesten (Zuschauer-)Sport der Weimarer Republik. Kriegsheimkehrer aller sozialen Gruppen hatten zur Verbreitung des Fußballs beigetragen und mit der Einführung des Achtstundentags konnten sich weite Teile der Bevölkerung vermehrt Freizeitaktivitäten zuwenden, was den Fußballsport über seine ursprünglich bürgerlich-akademische Klientel hinaus erfolgreich werden ließ. Die Mitgliederzahl des Deutschen Fußballbunds war bis 1920 im Vergleich zu 1913 um mehr als das Vierfache angestiegen und auch die Zahl der Vereinsmitglieder des 1. FC Nürnberg hatte sich von 800 im Jahr 1914 auf 3.336 im Jahr 1920 vervierfacht. Eben von einer Gastspielreise aus Schweden zurückgekehrt, ereilte den „Club“ am 22. Juli 1919 eine folgenschwere Niederlage: Im „Zabo“ verloren chancenlose Nürnberger 0:3 gegen den ungarischen Serienmeister MTK Budapest, eine der damals besten Mannschaften Europas. Die Budapester Fußballvirtuosen um Mittelstürmer Alfred Schaffer (1893–1945), Linksaußen Peter Szabo (1899–1963) oder Rekordtorschütze Imre Schlosser (1889–1959) zeigten den aufstrebenden Franken schonungslos ihre Grenzen auf. Nachhaltig beeindruckt von dieser Lehrstunde landeten die Nürnberger kurz darauf einen echten Coup: Nach Abschluss der MTK-Tournee verpflichtete der „Club“ die Fußballstars Szabo und Schaffer. Letzterer verpasste seiner neuen Mannschaft als Spielertrainer den letzten taktischen und technischen Schliff. Entsprechend ging der 1. FCN als Favorit in die Spielzeit 1919/20 der Kreisliga Nordbayern, wo er nun erstmals regelmäßig in weinroten Trikots und schwarzen Hosen auflief. Nach einem 5:0-Sieg gegen den MTV Fürth zur Saisoneröffnung am 20. September 1919 folgte Kantersieg auf Kantersieg. Mit 18 Siegen aus 18 Spielen und einem Torverhältnis von 115:6 ging es in die Endrunde um die süddeutsche Meisterschaft. Trotz des Wechsels von Topstürmer Alfred Schaffer nach Basel zog der 1. FCN ins Finale ein, wo der FC Pfalz Ludwigshafen mit 3:0 besiegt wurde – der „Club“ war Süddeutscher Fußballmeister.
Nach fünf Jahren Pause wurde 1920 erstmals wieder die Deutsche Meisterschaft ausgespielt. Nach souveränen Siegen gegen den VfB Leipzig und den FC Titania Stettin wartete im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 13. Juni in Frankfurt die Spielvereinigung aus Fürth. Wieder setzte man beim „Club“ erfolgreich auf ungarische Expertise. Der kurzfristig engagierte Izidor „Dori“ Kürschner (1885–1941), als Spieler und Trainer ebenfalls beim MTK Budapest aktiv gewesen, sollte die Nürnberger auf das Finalspiel vorbereiten. Vor 35.000 Zuschauern erwischten die Fürther den besseren Start. Zweimal musste Stuhlfauth parieren, ehe Popp in der zwölften Minute zur Führung traf. Die gefällig kombinierenden Fürther fanden gegen kämpferisch und taktisch gut eingestellte Nürnberger kein Mittel. In der 73. Spielminute setzte Popp Szabo geschickt in Szene, der aus knapp 16 Metern ins rechte untere Eck zum 2:0 einnetzte. Das anschließende Aufbäumen der Fürther blieb erfolglos – der 1. FC Nürnberg feierte seine erste Deutsche Meisterschaft.

18 Jahre lang trug Luitpold Popp das Nürnberger Trikot und glänzte dabei sowohl als Torjäger als auch als Verteidiger. Foto, um 1925. (StadtAN A 35 Nr. 157-21)
Mühelos zur Titelverteidigung - Die Meisterschaft 1921
Zur Saison 1920/21 präsentierte sich der „Club“ und allen voran die Torjäger Popp und Träg erneut in Topform, beide erzielten in den ersten zwei Partien alle neun Nürnberger Treffer. Zwar war Peter Szabo zu Eintracht Frankfurt abgewandert, doch konnte dessen Lücke auf der linken Außenbahn mit dem aus Fürth gekommenen Hans Sutor mehr als adäquat gefüllt werden. Wie im Vorjahr dominierte der FCN die Kreisliga beinahe nach Belieben, am Ende standen 17 Siege und ein Unentschieden aus 18 Spielen zu Buche. In der Endrunde der süddeutschen Meisterschaft setzten sich die Nürnberger ohne Schwierigkeiten gegen die Kickers Offenbach, Eintracht Frankfurt und den SV Waldhof 07 durch. Spannend wurde das Finalspiel gegen Phönix Ludwigshafen am 1. Mai 1921 in Stuttgart. Vor 13.000 Zuschauern ging der „Club“ durch Wolfgang Strobel früh in Führung, doch kurz vor dem Halbzeitpfiff fiel der Ausgleich. Erst in der 106. Minute gelang Träg der Siegtreffer.

Heiner Träg (links) und Toni Kugler. Torgarant Träg galt als bester Linksaußen seiner Zeit, absolvierte 455 Spiele für den „Club“ und gewann fünf Meisterschaften. Foto Hans Schüßel, um 1925. (StadtAN A 35 Nr. 157-54)
Als Titelverteidiger und Süddeutscher Meister war der 1. FC Nürnberg nun gleich doppelt für die Endrunde um den Deutschen Meistertitel qualifiziert. Zur Belohnung erhielt die sichtlich erschöpfte Mannschaft ein Freilos im Viertelfinale und damit einige Wochen Regenerationszeit. Wie im Vorjahr setzten die Verantwortlichen beim „Club“ erneut auf Trainer Dori Kürschner bei der Finalvorbereitung. Im von Frankreich besetzten Düsseldorf stieg schließlich am 12. Juni 1921 das Finale gegen BFC Vorwärts 90 Berlin. Vor 27.000 Zuschauern, darunter zahlreiche französische Soldaten, spielte mit Ausnahme von Johann „Jean“ Steinlein (1891–1964) und Szabo, an deren Stelle Grünerwald und Sutor gerückt waren, die Meisterelf des Vorjahres. Zum ungewöhnlichen Schlachtruf „A Berlin, bavarières!“ boten die Nürnberger den Zuschauern ein wahres Spektakel. Die Torgaranten Popp und Träg mit drei beziehungsweise zwei Treffern schossen den „Club“ gegen indisponierte Berliner zu einem 5:0-Erfolg und damit zur zweiten Meisterschaft in Folge. Etwa 50.000 Nürnberger nahmen die umjubelte Meistermannschaft am Nürnberger Hauptbahnhof in Empfang, ehe im Hercules-Saalbau die Titelverteidigung gefeiert wurde.

Die Meistermannschaft 1921. Foto Hans Schüßel, 1921. (StadtAN A 35 Nr. 157-15)
Keine Chance gegen Fürth und Finale ohne Sieger
Nachdem der FCN mit hohen Siegen geradezu locker erneut Deutscher Meister geworden war, bestand in der Presse Einigkeit darüber, dass diese Mannschaft zu den Besten Europas zählte. Tatsächlich blieb der „Club“ von 1918 bis 1922 in 104 Verbandsspielen unbesiegt und stellte damit einen Rekord auf. Da auf nationaler Ebene keine echte Herausforderung bestand, war es nur folgerichtig, sich mit den besten Mannschaften Europas zu messen. Über 20.000 Zuschauer zog das erste Duell gegen Sparta Prag am 28. August 1921 in den „Zabo“, die das torlose Unentschieden als Achtungserfolg wahrnahmen. In der in zwei Abteilungen neu strukturierten Kreisliga Nordbayern gab es für den 1. FCN in der Saison 1921/22 keine echte sportliche Herausforderung, war doch die Spielvereinigung Fürth nun in der anderen Abteilung beheimatet. Nach zwölf Siegen und zwei Unentschieden aus den 14 Ligaspielen hatte sich der „Club“ schließlich als Sieger der Abteilung 1 mit den Fürthern als den Erstplatzierten der Abteilung 2 zu messen. In hitziger Atmosphäre – erst am 22. Januar hatte sich die Mehrheit der Fürther Einwohnerschaft per Volksentscheid gegen einen Zusammenschluss mit Nürnberg ausgesprochen – fand am 12. Februar vor 22.000 Zuschauern im Ronhof das Hinspiel statt. Trotz des Führungstreffers nach sieben Minuten durch Kalb verloren die Nürnberger am Ende mit 3:2. Vor der Rekordkulisse von 25.000 Besuchern blieb den Kleeblättlern das Glück sieben Tage später auch im „Zabo“ hold und der „Club“ verlor mit 1:2.

Auf schneebedecktem Rasen verlor der 1. FCN mit 3:2 beim Fürther Rivalen. Auch Torhüterlegende Heiner Stuhlfauth (in der Mitte mit seiner markanten Schiebermütze) konnte die Niederlage nicht verhindern. Foto Hans Schüßel, 1922. (StadtAN A 35 Nr. 157-33)
Anstelle der Endrunde um die süddeutsche Meisterschaft ging der FCN Mitte März auf Spanienreise. Mit dabei war Neuzugang Hans „Bumbes“ Schmidt (1893–1971), der sich in den kommenden Jahren als wichtige Verstärkung erweisen sollte. Mit Siegen in Zürich und Bern beendeten die Nürnberger ihre Auslandsreisen, ehe die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft anstand, für die man als Titelverteidiger qualifiziert war. Trotz verletzungsbedingter Ausfälle von Kalb und Sutor, erreichten die Franken das Endspiel am 18. Juni 1922 in Berlin, welches gegen den Hamburger SV zu einem denkwürdigen Ereignis geriet: Nach 189 (!) Spielminuten brach der von Krämpfen geplagte Schiedsrichter das Finale beim Stand von 2:2 wegen Dunkelheit ab. Das Wiederholungsspiel in Leipzig fand kein besseres Ende: Als nach einem frühen Platzverweis für Willy Böß (* 1896), dem verletzungsbedingten Ausscheiden Anton „Toni“ Kuglers (1898–1962) und dem Platzverweis für Träg zu Beginn der Verlängerung Popp beim Stand von 1:1 in der 105. Minute erschöpft zusammenbrach, hatte Nürnberg nur noch sieben anstelle der vorgeschriebenen acht Spieler auf dem Rasen, was zum erneuten Spielabbruch führte. Erst im November 1922 erklärte der DFB den HSV zum Deutschen Meister, doch dieser verzichtete auf den Titel.
Die beste Mannschaft Europas?
Unbesiegt, aber auch nicht als Gewinner aus dem Endspiel hervorgegangen, gelang 1922 eine Sensation. Das als Kampf um die Vorherrschaft im mitteleuropäischen Fußball angekündigte Kräftemessen gegen Sparta Prag im mit über 30.000 Zuschauern restlos überfüllten „Zabo“ am 27. August entschieden die Nürnberger mit 3:2 für sich, das Rückspiel in Prag konnte gar 3:0 gewonnen werden. Nürnberg führt den Kontinent titelte die Sportzeitung „Fußball“. Ungewohnt holprig lief es dagegen in der abermals neuformierten Liga. Hatte man bereits gegen Bamberg und den Nürnberger FV Punkte liegen gelassen, gingen darüber hinaus beide Partien gegen die Spielvereinigung Fürth verloren, die am Ende an der Tabellenspitze thronte. Die erneute Spanienreise im Anschluss verlief zwar finanziell erfolgreich, sportlich hingegen eher durchwachsen. Auch aus dem Süddeutschen Pokal schied der „Club“ gegen den TV Schwaben Augsburg am 29. April 1923 nach einer deutlichen 1:4-Niederlage aus. Zu den nachlassenden Leistungen kamen schließlich auch noch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Die leistungsbedingt ohnehin sinkenden Zuschauereinnahmen verloren immer schneller an Wert. Ab Juli 1923 musste der FCN sogar die Vereinszeitung vorübergehend einstellen. Mit der Spielzeit 1923/24 sollte der sportliche Erfolg zurückkehren. Ein 6:0-Sieg gegen Bayern München und zwei gewonnene Franken-Derbys gegen Fürth zählten zu den Highlights der Saison, die der „Club“ als Bayerischer Meister abschließen sollte. In der Endrunde zu süddeutschen Meisterschaft, die im Ligasystem ausgetragen wurde, gelang es lediglich dem SV Waldhof 07 den Nürnbergern einen Sieg abzuringen. Zwei hart umkämpfte Unentschieden gegen die benachbarte Spielvereinigung genügten am Ende zum Gewinn der süddeutschen Meisterschaft und damit zur Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft. Mit einem 6:1-Kantersieg über Alemannia Berlin zum Auftakt der Endrunde hatte der 1. FC Nürnberg seine diesjährigen Ambitionen eindrucksvoll verdeutlicht. Auch im Halbfinale gegen den Duisburger SV im Fürther Ronhof glänzte der „Club“ beim 3:1-Sieg. Im Finale kam es dann zu einer Neuauflage des „endlosen“ Endspiels von 1922 – im Berliner Grunewaldstadion wartete der HSV. Trainer Izidor Kürschner entschied sich dafür, anstelle des langjährigen Torgaranten Luitpold Popp den jungen Georg Hochgesang (1897–1988) aufzustellen und lag goldrichtig: Hochsouverän dominierten die Franken die Partie, ehe eben jener Hochgesang in der 30. Minute zur Führung traf. Nach zahlreichen vergebenen Chancen und der Verletzung von Kapitän Gustav Bark erlöste Strobel nach Vorlage von Träg die Franken in der 87. Minute durch sein Tor zum 2:0-Endstand. Wieder war der „Club“ Deutscher Meister. Der Gewinn des Süddeutschen Pokals wenige Wochen später bildete den Abschluss einer nahezu perfekten Saison.

Bekanntgabe des Endspielergebnisses auf einer Litfaßsäule. Foto, 1924. (StadtAN A 35 Nr. 157-154)
Zur Saison 1924/25 musste der „Club“ seinen langjährigen Kapitän und Spielertrainer Bark ersetzen, der nach 14 Jahren und 438 Spielen in Nürnberg in seine Schweizer Heimat zurückkehrte. Erstaunlich gut gelang dies, indem Torjäger Popp in die Verteidigung wechselte und Hochgesang, wie bereits im Meisterschaftsfinale, dessen Position als halbrechter Stürmer übernahm. Bereits vier Spieltage vor Schluss konnten die Nürnberger durch einen 2:1-Erfolg im Fürther Ronhof die Bezirksligameisterschaft vorentscheiden. In der süddeutschen Meisterschaft offenbarte der 1. FCN dann allerdings ungeahnte Schwächen. Nach zwei Niederlagen und zwei Unentschieden reichte es am Ende nur für die Vizemeisterschaft, die glücklicherweise erstmals für die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft berechtigte. Wieder übernahm Meistertrainer Kürschner die Mannschaft, die sich abermals meisterlich präsentierte: Weder beim 2:0 im heimischen „Zabo“ gegen den SV Jena, noch beim 4:1-Sieg in Breslau gegen den Breslauer SC oder im Halbfinale gegen Duisburg (3:0) ließ der „Club“ seinen Gegnern eine Chance und zog so als Favorit ins Endspiel ein. Gegen den FSV Frankfurt, gegen den man bereits in der süddeutschen Meisterschaft zweimal nicht gewonnen hatte, gab es ein zähes Ringen im Finale. Vor 40.000 Zuschauern im neuen Frankfurter Waldstadion gelang Ludwig Wieder (1900–1977) erst in der 108. Minute der entscheidende Treffer. Mit dem Gewinn der vierten Deutschen Meisterschaft am 7. Juni 1925 war der „Club“ nun vor dem VfB Leipzig deutscher Rekordmeister.
Titellos in der Saison 1925/1926
Ungewohnt begann die Saison 1925/26 mit einer 2:1-Auswärtsniederlage gegen 1860 München. Zwar stabilisierte sich der FCN zunächst, doch nach weiteren Niederlagen gegen 1860, den ambitionierten, erst im Vorjahr gegründeten ASV Nürnberg und Bayern München war die Saison bereits vor Jahresende gelaufen. Am Ende reichte es nur zu Platz zwei hinter Meister Bayern München. Nach dem Ausscheiden aus dem süddeutschen Pokal am 21. März gegen den Freiburger FC waren alle Titelchancen dahin, denn für die Deutsche Meisterschaft war der Titelverteidiger nun nicht mehr automatisch qualifiziert. Die über 30 Freundschaftsspiele bis August gegen unterklassige Mannschaften fanden weder bei den Spielern noch den Zuschauern Interesse. Immerhin konnte mit einem 4:0-Sieg gegen Tennis Borussia Berlin am 6. Juli 1926 die letzte Ausbaustufe des Stadions eingeweiht werden, in dem nun über 25.000 Zuschauer Platz fanden. Bis 1925 waren zudem weitere Fußball-, Hockey- und Tennisplätze sowie das vereinseigene Schwimmbad entstanden.

Die Mannschaft des 1. FCN während der Herbstverbandspiele 1925, angetreten zum Spiel gegen 1860 München, das mit einer 1:3-Niederlage endete. Von links nach rechts: Toni Kugler, Georg Hochgesang, Luitpold Popp, Heiner Stuhlfauth, Carl Riegel, Hans Sutor, Georg Huber, Ludwig Wieder, Hans Kalb, Hans Schmidt, Wolfgang Strobel. Foto Kurt Grimm, 1926. (StadtAN A 35 Nr. 162)
Auf dem Zenit - Die Meisterschaft 1927 und der beginnende Niedergang
Nach der ernüchternden Saison installierte der 1. FC Nürnberg den Engländer Fred Spiksley (1870–1948) als Trainer, für dessen Gehalt von 1.000 Reichsmark monatlich eigens die Mitgliedsbeiträge um 60 Pfennig erhöht wurden. Dem furiosen 9:1 im Testspiel gegen den HSV am 1. August 1926 folgten auch in der Liga souveräne Siege. Der trotz sportlicher Erfolge umstrittene Spiksley hatte den 18-jährigen Josef „Seppl“ Schmitt (1908–1980) aus der Jugend in die erste Mannschaft geholt und damit frischen Wind in die alternde Stürmerreihe des „Clubs“ gebracht. Erst am siebten Spieltag führte ein 0:0 in Fürth zum ersten Punktverlust – bis zum Saisonende sollte dies jedoch neben einer knappen Niederlage bei 1860 München der einzige Makel in einer nahezu perfekten Spielzeit bleiben. In der Meisterrunde zur süddeutschen Meisterschaft ergab sich ein ähnliches Bild. Mit deutlichen Siegen – darunter einem 3:0 vor der Rekordkulisse von 27.000 Zuschauern im „Zabo“ gegen die Spielvereinigung Fürth – und zwei Unentschieden stand der FCN schon vor der letzten Partie, dem Rückspiel im Ronhof, als süddeutscher Meister fest. Die rechnerisch bedeutungslose, aber schmerzhafte 0:5-Blamage gegen den Rivalen sollte glücklicherweise ein Ausreißer bleiben, schon im Achtelfinale der Deutschen Meisterschaft präsentierte sich der „Club“ in bester Verfassung. Mit Dreifachtorschütze „Seppl“ Schmitt wurde der Chemnitzer BC mit 5:0 abgefertigt. Nach dem 2:1 gegen den HSV in der nächsten Runde gelang im „Zabo“ am 26. Mai 1927 eine echte Sensation: Mit 4:2 besiegte die Nürnberger Elf den FC Burnley. Nürnbergs größter Triumph: […] Süddeutschlands Amateure schlagen englische Profis – jubelte die Presse.

Spielszene aus dem „Zabo“ vom 4:2-Sieg der Nürnberger über den FC Burnley. Foto Kurt Grimm, 1927. (StadtAN A 35 Nr. 160/1)
Nur drei Tage nach diesem Erfolg gelang im Halbfinale ein 4:1 gegen 1860 München und damit der Einzug in das Meisterschaftsfinale gegen Hertha BSC Berlin. Im Berliner Grunewaldstadion zeigte sich dann die Endspielerfahrung der Nürnberger. Schon nach sechs Minuten traf Kalb per Freistoß zum 1:0, Träg erhöhte in der 65. Minute nach Vorlage von „Bumbes“ Schmidt auf 2:0 und Stuhlfauth parierte in der 74. einen Elfmeter. Selbst der Platzverweis für Heiner Träg in der 80. Minute konnte am Ausgang des Spiels nichts mehr ändern – der „Club“ war zum fünften Mal Deutscher Meister.
Mit diesem Triumph hatte die „Club“-Elf ihren Zenit erreicht. Zur Saison 1927/28 hatte Heiner Träg seine Karriere beendet, andere Meisterkicker waren merklich gealtert und langsamer geworden, während die nachrückenden Jugendspieler qualitativ kaum mithalten konnten. In der Liga war aufgrund von Punktverlusten gegen kleine Vereine wie den VfR Fürth und den FC Fürth kein Vorbeikommen an der benachbarten Spielvereinigung möglich, hinter der der FCN als Zweiter die Saison beendete. Auch die Trostrunde, deren Gewinn für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert hätte, konnte wegen Niederlagen gegen Außenseiter Freiburg und den späteren Sieger Wacker München nur auf Rang zwei abgeschlossen werden. Noch vor einer kurzen Parisreise, die eher unter diplomatischen, denn unter sportlichen Gesichtspunkten absolviert wurde, hatte auch „Bumbes“ Schmidt den „Club“ verlassen und sich als Spielertrainer dem ASV Nürnberg angeschlossen. Der Spielvereinigung Fürth erging es jedoch kaum besser: Die „Kleeblättler“ hatten die süddeutsche Meisterrunde als Drittplatzierte beendet, womit nun erstmals seit 1914 eine Deutsche Meisterschaftsendrunde ohne Nürnberg-Fürther Beteiligung stattfand.
Was sich bereits 1927 trotz der Meisterschaft abgezeichnet hatte, wurde mehr und mehr Gewissheit – die Jahre der Nürnberger Dominanz im deutschen Fußball waren gezählt. 1929 und 1930 erreichte der „Club“ zwar noch jeweils das Meisterschaftshalbfinale, doch beide Male gelang es nicht, Hertha BSC Berlin zu überwinden. Die Meisterspieler des FCN waren alt und schwerfällig geworden. Sinnbildlich dafür stand der einstige Stürmerstar Hans Kalb, der inzwischen mit 25 Kilogramm Übergewicht zu kämpfen hatte. Doch auch taktisch hatte sich der Fußball weiterentwickelt. Das klassische Spielsystem mit zwei Verteidigern, drei Läufern und fünf Stürmern war zum Auslaufmodell geworden, im neuen W-M-System wurden Spielzüge variabler und flexibler. Altmeister wie Kalb und Riegel kritisierten die neuen taktischen Erfordernisse lautstark – sie waren eben Teil einer vergangenen Fußballepoche. Mit den „Goldenden Zwanzigern“ endete die erfolgreichste Phase des 1. FC Nürnberg, dessen Spiel den deutschen Fußball fast ein Jahrzehnt dominiert hatte. Die Nürnberger Fußballer hatten in dieser Zeit Bestmarken aufgestellt, hatten durch grandiose Siege begeistert, internationale Bekanntheit erlangt und waren zu den ersten nationalen Fußballstars geworden. Nicht umsonst sind ihre Namen auch nach 100 Jahren noch ein Begriff.
| Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form im Norica-Heft Nr. 21 mit dem Rahmenthema Sport. Weitere Artikel befassen sich mit den Spielstätten des 1. FCN, dem Deutschen Turnfest im Jahr 1903, dem Sportjournalisten Hanns Schödel, der Zeit Nürnbergs als Fahrradhochburg oder der Geschichte des Sportartikelherstellers Kaspar Berg. Das Heft kann zum Preis von 6 Euro im Stadtarchiv Nürnberg und in folgenden Buchhandlungen erworben werden: Universitätsbuchhandlung Korn & Berg am Hauptmarkt 9, Buchhandlung Jakob am Hefnersplatz 8, Buchhandlungen Schmitt & Hahn im Nürnberger Hauptbahnhof und im Albrecht Dürer Airport Nürnberg. |




