4359236389_7da6b11ac5_o

Individualität und Zusammenklang mit der Umgebung: Neuer Bau 1693

Das 17. und 18. Jahrhundert war die große Zeit der Veduten, der gestochenen Stadtansichten, die uns noch heute ein lebendiges Bild des damaligen Aussehens unserer Städte vermitteln und auch im Stadtarchiv Nürnberg in großer Zahl vorhanden sind. Ein schönes Beispiel hierfür ist der vorliegende Stich des „Neuen Baus“.

Als einen der „schönsten und angenehmsten Plätze am Ende der Stadt gegen Abend und das Hallertürlein zu“ bezeichnet Nopitsch in seiner „Topographischen Beschreibung der Reichsstadt Nürnberg” 1801 den Neuen Bau und erklärt zugleich den etwas ungewöhnlichen Namen: Er rühre daher, dass diese Gegend erst bei der Stadterweiterung neu bebaut wurde. 1389 sei er noch außerhalb der Stadtmauer gewesen, 1447 wurde auf ihm noch ein Turnier abgehalten und 1455 eine Schmelzhütte erbaut; 1457 folgte die übrige Bebauung. 1493 wurde der ganze Platz gepflastert, und 1687 errichtete der Rat – mit Nopitschs Worten – „eine sehr schöne, mit einem zierlichen eisernen Gitterwerk umgebene Fontaine oder ein Springbrunnen”, den Tritonbrunnen. 1809/10 wurde der repräsentative Platz zu Ehren König Maximilians I. Josef (1806-1825) in „Maximiliansplatz” umbenannt, 1920 erhielt er auf Antrag der Bewohner den längst populären heutigen Namen „Maxplatz”.

Der vorliegende Stich zeigt den Zustand von 1693 und beruht auf einer Zeichnung Johann Andreas Graffs, die von Johann Ulrich Kraus als Kupferstich ausgeführt wurde. Johann Andreas Graff (1637-1701) war Maler, Zeichner, Kupferstecher und Verleger. Nach Lehr- und Studienaufenthalten in Frankfurt, Venedig und Rom ging er zunächst nach Frankfurt, wo er Maria Sybilla Merian heiratete. Mit seiner Familie kehrte er 1670 in seine Heimatstadt Nürnberg zurück. 1682 gingen sie abermals nach Frankfurt, jedoch kehrte Graff, als ihn seine Frau 1685 verlassen hatte, endgültig nach Nürnberg zurück. In den Jahren 1671-1700 zeichnete Graff zahlreiche Ansichten Nürnberger Straßen, Plätze und Bauwerke, die von Johann Ulrich Kraus, damals dem bekanntesten und produktivsten Zeichner, Kupferstecher und Verleger Augsburgs, in Kupferstiche umgesetzt wurden.

Der gehobene, repräsentative Charakter des Neuen Baus kommt in dem Kupferstich überzeugend zum Ausdruck. Auffällig ist dennoch die Verschiedenartigkeit der Häuser, die den Platz begleiten: Fachwerkbauten stehen neben massiven Sandsteinhäusern, die Zahl der Stockwerke variiert, Chörlein sind vorhanden oder auch nicht. Besonders verschiedenartig erscheinen die Dächer zu beiden Seiten des Platzes; fast ist man versucht, von einer eigenen Dachlandschaft zu sprechen, die das Auge erfreut. Gerade diese Verschiedenartigkeit verleiht dem Platz seine Lebendigkeit, ohne dass doch eines der Häuser aus dem Rahmen fallen würde – eine harmonische Mischung von Individualität und Zusammenklang mit der Umgebung, den man bei heutiger Architektur häufig vermisst.

 

Kommentieren